Tuesday, 1. April 2008Vorgaben umgesetzt
Der Ministerpräsident Beckstein erklärte heute nach der Ministerkonferrenz
"Terroristen kommunizieren heutzutage weitaus mehr als früher über Briefe und heimlich zugesteckte Zettel. Deshalb ist es dringend notwendig, die Organe der Inneren Sicherheit zu ermächtigen, heimlich in Wohnungen einzusteigen, dort alle Schubladen zu durchsuchen und so den Briefverkehr in die Hände zu bekommen." Nein, das sagte er natürlich nicht, er sprach von der Online-Kommunikation, und der Online-Datenerhebung. "Online-Datenerhebung" ist dabei der Euphemismus für eine heimliche Durchsuchung unserer Computer über das Internet. Sie haben nämlich inzwischen ihre Hausaufgaben gemacht, entgegen der ersten Annahme doch noch ein paar kleine Verbesserungen am Gesetzentwurf im Sinne des Verfassungsgerichts der Verfassung vorgenommen und wollen jetzt ihre Trojaner legal unters Volk bringen. Die Begründung ist wie üblich die Kommunikation der Bösen, das Ziel muss mehr sein: sämtliche Daten. Weil mit der Kommunikation wird ja schon die "Quellen-TKÜ", auch so ein Euphemismus, begründet. Nachtrag: Auf Bundesebene sieht man das wohl so ähnlich wie ich. Zumindest die Zöllner wollen die Quellen-TKÜ schon einsetzen. Nach Auskunft der Bundesregierung auf Basis der bestehenden Gesetze, wenn also keine neuen Gründe kommen, bräuchte es ja kein neues Gesetz... Wednesday, 19. March 2008Speichern, aber nicht beliebig verwenden
Und wieder konnte das Verfassungsgericht mit seiner einstweiligen Anordnung zur Vorratsdatenspeicherung alle, wirklich alle glücklich machen:
Dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung muss ich übrigens recht geben, Frau Zypries hat uns ebenso wie ihre Kollegen Benneter, Gehb und S. Kauder belogen, als sie im Bundestag den Gesetzentwurf damit beworben hat "dass schwerste Kriminalität, terroristische Taten und organisierte Kriminalität wirksam bekämpft werden können." während gleichzeitig "und mittels Telekommunikation begangene Straftaten" im Gesetz stand. Eben auf dieses Mass der schweren Straftaten hat das Gericht die Auswertung der gespeicherten Daten jetzt zurechtgestutzt. Damit kann die Koalition wirklich zufrieden sein. Es wird zwar nicht das verwirklicht was sie ins Gesetz geschrieben haben, aber so ziemlich genau das, was sie uns immer erzählen wollten. Grund für Zypries Rücktritt ist das aber nicht unbedingt. Immerhin sieht sie ihren Fehler ein und erwähnt nun selbst in ihrer Pressemitteilung neben den schwersten Straftaten die "mittels Telekommunikation begangenen". Ich finde, das gilt als Entschuldigung. Ob der grosse Rest des Vorratsdatenspeicherung legal ist, wird sich noch zeigen müssen. Vorerst ist lediglich die Verwertung dieser Daten eingeschränkt auf schwere Straftaten (wobei man das "schwer" unterschiedlich beurteilen mag...), die Sammelei geht aber bis zum Hauptverfahren weiter. Erst dann wird über die Rechtmässigkeit der Speicherung selbst geurteilt. Bei der nächsten Verhandlung in dieser Sache muss die Bundesregierung übrigens berichten, wie wichtig die Speicherung in der kriminalistischen Praxis ist. Wir dürfen also erwarten, dass diesen Sommer viele Fälle allerschwerster Verbrechen ausschliesslich dank der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt werden können... Wednesday, 27. February 2008Alle sind zufrieden
Das ist schön, da zerreisst das Verfassungsgericht den Nordrhein-Westfalen ihr Schnüffelgesetz und erklärt die Landesregierung und die Mehrheit des Landtages in NRW für Verfassungsbrecher und trotzdem ist hier jeder glücklich mit dem Urteil. Unsere Justizministerin zum Beispiel freut sich
Justizministerin Merk zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts: "Mit dem neuen Recht auf Computerdaten-Schutz trägt Karlsruhe den Zeichen der Zeit Rechnung - gleichzeitig eröffnet es uns die Möglichkeit der Online-Durchsuchung im strafrechtlichen Bereich" Und unser Innenminister Herrmann sieht auch alles bestätigt, was er schon immer gesagt haben will: "Schon auf den ersten Blick ist aber klar, dass die Grundlinien des bayerischen Gesetzentwurfs voll mit dem heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts übereinstimmen." Im Gegensatz zum nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz lege die vom Ministerrat beschlossene Novellierung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes bereits jetzt enge inhaltliche und verfahrensmäßige Voraussetzungen für die Online-Datenerhebung fest. Mein erster Blick sieht ja ein bisschen anders aus. Gerade die Versuche, ein staatliches Schadprogramm durch die Hintertüre einzuführen, wurden anscheinend in Karlsruhe erkannt. Die raffinierte Unterscheidung zwischen "richtigem Schnüffeln" und "bisschen mithören" konnten die Richter wohl nicht nachvollziehen: Wird ein komplexes informationstechnisches System zum Zweck der Telekommunikationsüberwachung technisch infiltriert („Quellen-Telekommunikationsüberwachung“), so ist mit der Infiltration die entscheidende Hürde genommen, um das System insgesamt auszuspähen. Die dadurch bedingte Gefährdung geht weit über die hinaus, die mit einer bloßen Überwachung der laufenden Telekommunikation verbunden ist [Urteil, Absatz 188] Damit sollten auch der Light-Version der Online-Durchsuchung, die in Bayern ja vielleicht durchgeführt, oder aber dementiert, mindestens aber für verfassungskonform gehalten und auch schon verbuchhaltet wird, ein paar Hindernisse in den Weg gelegt worden sein. Schön finde ich auch, dass Vokabeln, die bisher nur zur Rechtfertigung staatlicher Spanner verwendet wurden, auch mal in bürgerfreundlichem Kontext gebraucht werden. Auch von Innenministern geht eine Gefährdung aus und staatliche Massnahmen können Gefährdungslagen für die Untertanen schaffen: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geht über den Schutz der Privatsphäre hinaus. Es gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen [...] Eine derartige Gefährdungslage kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen benennbarer Rechtsgüter entstehen, insbesondere wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden können, die der Betroffene weder überschauen noch verhindern kann. [Absatz 137] Saturday, 9. February 2008Virtueller Aufenthalt
Der viele Wind, der um ein deutschsprachiges Terrortelekolleg gemacht wird, zusammen mit dem neuen Gesetzentwurf des Bundesrats zur Strafbarkeit des Besuchs von Terrorcamps macht mir Sorgen. Ich trau den Typen ja schon zu, dass sie absichtlich diese Camps auch in den virtuellen Raum verlagern um uns beim Anschauen von Schulungsvideos zu überwachen. Schwer genug wäre die Straftat ja dann.
Im Gegensatz zum üblichen Sprachgebrauch und zur Überschrift des Entwurfs ("Ausbildungslager", "Terrorcamps") soll da nämlich einfach die "Wahrnehmung von Ausbildungsangeboten" bestraft werden. Im Zeitalter des E-Learning und der Fernuniversität des Terrors erfordert diese Interpretation von "Lager" sicher keine physische Anwesenheit des Studierenden vor Ort: §129a Abs 5 wird wie folgt geändert: Jetzt weiss ich auch, was Schäuble im September meinte: Schäuble warf zudem die Frage nach der Strafbarkeit von Aufenthalten in terroristischen Ausbildungslagern auf. Dazu habe die große Koalition schon in ihrer Koalitionsvereinbarung einen Prüfauftrag an das Justizministerium erteilt. Die rechtliche Formulierung für die Strafbarkeit eines Ausbildungsaufenthalts sei „nicht ganz einfach“, er würde sich „aber schon wünschen, dass die Prüfung ein positives Ergebnis erbringt“. Man musste monatelang eine Formulierung suchen, die auf die Vokabeln "Reise", "Aufenthalt" und "Ausbildungslager" völlig verzichtet, ausser im Titel natürlich. Sunday, 27. January 2008Verwirrung
Und wieder bin ich verwirrt:
Das Schreiben, dass auch beim CCC online abzurufen ist, beschäftigt sich eigentlich mit der Abrechnung der teuren Wanze. Im Gegensatz zu meiner Annahme, dass die selber basteln, kaufen die nämlich für 6000 Pro Monat und 2500 Installationskosten Fremdsoftware ein. Ziemlich teuer für eine "technisch sinnlose Lösung" und eigentlich sollte sich eine nicht durchgeführte Massnahme auch nicht in der Buchhaltung niederschlagen. Vermutlich werden wir halt einfach belogen...
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