Und wieder konnte das Verfassungsgericht mit seiner
einstweiligen Anordnung zur Vorratsdatenspeicherung alle, wirklich alle glücklich machen:
- Den Herrn Schäuble freut sich " Der Erlass der einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts in der Verfassungsbeschwerde zur Vorratsdatenspeicherung ist zu begrüßen, da die grundsätzliche Pflicht der Telekommunikationsunternehmen zur Speicherung der für die Arbeit der Sicherheitsbehörden unerlässlichen Verkehrsdaten aufrechterhalten worden ist."
- Die Frau Zypries sieht sich bestätigt: "Das Gericht lässt die Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten zu, es lässt auch weitgehend die Übermittlung der Daten durch die Telekommunikationsunternehmen an die Strafverfolgungsbehörden zu Strafverfolgungszwecken zu. Lediglich bei der Verfolgung von (nur) erheblichen Straftaten und solchen, die mittels Telekommunikation begangen wurden, gibt es geringfügige Einschränkungen."
- Frau Merk nutzt die Gelegenheit, ein Schlüsselwort fallen zu lassen: "Wie wollen Sie zum Beispiel den Konsumenten von Kinderpornographie im Internet auf die Spur kommen, wenn Sie nicht über die entsprechenden Daten verfügen? Ich begrüße, dass das Bundesverfassungsgericht dies bestätigt und hier einstweilen für Rechtssicherheit gesorgt hat."
- Heribert Prantl lässt die Richter in der Süddeutschen die Notbremse ziehen: "Das neue Telekommunikationsgesetz darf also in wesentlichen Teilen vorläufig nicht angewendet werden. Das gilt bis zur Entscheidung in der Hauptsache, also bis zum Urteil. Bis dahin dürfen, so die Richter, die zwangsgespeicherten Daten aller Bürger nur an die Strafverfolgungsbehörden, nur mit Genehmigung des Ermittlungsrichters und nur zur Verfolgung schwerer Straftaten herausgegeben werden. Das Gesetz wollte hingegen viel mehr erlauben."
- Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert Zypries Rücktritt: "Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung begrüßt die heute verkündete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [7], die von CDU, CSU und SPD beschlossene verdachtslose Sammlung der Verbindungs- und Standortdaten der gesamten Bevölkerung (Vorratsdatenspeicherung) durch einstweilige Anordnung einzuschränken."
Dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung muss ich übrigens recht geben, Frau Zypries hat uns ebenso wie ihre Kollegen Benneter, Gehb und S. Kauder belogen, als sie im
Bundestag den Gesetzentwurf damit beworben hat "dass schwerste Kriminalität, terroristische Taten und organisierte Kriminalität wirksam bekämpft werden können." während gleichzeitig "und mittels Telekommunikation begangene Straftaten" im Gesetz stand.
Eben auf dieses Mass der schweren Straftaten hat das Gericht die Auswertung der gespeicherten Daten jetzt zurechtgestutzt. Damit kann die Koalition wirklich zufrieden sein. Es wird zwar nicht das verwirklicht was sie ins Gesetz geschrieben haben, aber so ziemlich genau das, was sie uns immer erzählen wollten.
Grund für Zypries Rücktritt ist das aber nicht unbedingt. Immerhin sieht sie ihren Fehler ein und erwähnt nun selbst in ihrer Pressemitteilung neben den schwersten Straftaten die "mittels Telekommunikation begangenen". Ich finde, das gilt als Entschuldigung.
Ob der grosse Rest des Vorratsdatenspeicherung legal ist, wird sich noch zeigen müssen. Vorerst ist lediglich die Verwertung dieser Daten eingeschränkt auf schwere Straftaten (wobei man das "schwer" unterschiedlich
beurteilen mag...), die Sammelei geht aber bis zum Hauptverfahren weiter. Erst dann wird über die Rechtmässigkeit der Speicherung selbst geurteilt.
Bei der nächsten Verhandlung in dieser Sache muss die Bundesregierung übrigens berichten, wie wichtig die Speicherung in der kriminalistischen Praxis ist. Wir dürfen also erwarten, dass diesen Sommer viele Fälle allerschwerster Verbrechen ausschliesslich dank der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt werden können...