Wir mussten mit Schrecken feststellen, dass wir bisher vermutlich immer falsch gewählt haben. Hat uns ja auch keiner gesagt, dass die Sache mit den Erst- und Zweitstimmen für die Landtagswahl ganz anders läuft als im Bund. Der übliche Gedankengang war bei uns immer
"Ich will die Partei A im Parlament haben. Den Stimmkreiskandidaten dieser Partei mag ich aber nicht. Ausserdem wirds hier in der Gegend eh immer der von der Partei C. Verschenken will ich aber meine Stimme nicht, also wähle ich den von der Partei B, den finde ich sympathisch und der freut sich auch über 12%."
Sowas kann man bei der Bundestagswahl machen. Da entscheidet wirklich (fast) nur die
Zweitstimme über die Stärke der Fraktionen. In Bayern ist das anders, da entscheidet die
Summe der Erst- und Zweitstimmen der Kandidaten über die Sitze einer Partei:
Für die Sitzverteilung im Landtag werden - auch das ist eine Besonderheit - Erststimmen und Wahlkreis-(Zweit)stimmen zusammengezählt und nach dem Grundsatz der Verhältniswahl in Mandate umgerechnet. Im Gegensatz zur Bundestagswahl, bei der für die Fraktionsstärke nur die Zweitstimme von Bedeutung ist, kommt es bei der Wahl zum Bayerischen Landtag sowohl auf die Erststimme als auch auf die Wahlkreis-(Zweit)stimme an.
Schön erklärt wird das Wahlrecht auch bei
Wahlrecht.de:
Die Zahl der aus der Wahlkreisliste einer Partei zu vergebenden Sitze wird um die Zahl der direkt errungenen Sitze ihrer Bewerber vermindert. Der sich nunmehr ergebende Rest wird an die Bewerber der Liste – bei Nichtberücksichtigung bereits in den Stimmkreisen erfolgreicher Bewerber – nach Maßgabe der von ihnen erreichten Stimmen verteilt. Dabei werden die Stimmen die ein Bewerber im Stimmkreis und auf der Liste erhalten hat, herangezogen.
Das heisst, wir haben bisher vermutlich die Hälfte unserer Stimmen verschenkt (genau wissen wir aber nicht mehr, was wir gewählt haben). Ausserdem dachten wir bis jetzt immer, dass kleine Parteien nur durch die 5%-Hürde gebremst würden (landesweit übrigens, ohne Bonus für errungene Direktmandate wie es sie im Bund gibt). Stimmt aber nicht, die verschenken auch die Hälfte ihrer potentiellen Stimmen, wenn sie nicht in jedem Wahlkreis einen Vertreter aufstellen.
Gefunden hab ich diese neue Erkenntnis nicht beim oben verlinkten Landtag sondern bei der
Bayernpartei. Die hat eine ganz lesenswerte
Wahlkampfzeitung rausgebracht mit kleinen Kästchen weit verbreiteter "Wahlirrtümer". Dort ist unser Fehler der Irrtum Nummer III, was uns das gute Gefühl gibt, in unserer Dummheit nicht allein zu sein.