Die SPD in Bayern will Verfassungsbeschwerde gegen den Landestrojaner einlegen,
zumindest erwägt sie das:
Die Landtags-SPD erwägt eine Verfassungsbeschwerde gegen die von der CSU-Mehrheit beschlosse Erlaubnis von Online-Durchsuchungen. Die am Donnerstag verabschiedeten Änderungen des Polizeiaufgaben- und des Verfassungsschutzgesetzes seien nicht mit Artikel 13 des Grundgesetzes, der die Unverletzlichkeit der Wohnung garantiert, vereinbar, sagte SPD-Rechtsexperte Franz Schindler.
Ich finds gut, auch wenn mir das ganze schon langsam als Rückzugsgefecht erscheint...
Als 2005 das Mitglied der Bayern-SPD Schily mit seinem Staatssekretär Diwell (SPD) die heimliche Durchsuchung von Computern einführte, kam uns das alles ganz schrecklich vor. Nicht so sehr die Details, eigentlich die Sache an sich, dass der Staat unsere Festplatten ausspionieren will und das in aller Heimlichkeit. Wo er doch sonst bei Durchsuchungen so sehr auf Zeugen, Anwesenheit des Beschuldigten und so achtet.
Inzwischen ist allgemein akzeptiert, dass er das tut und man konzentriert sich nur noch auf Details.
- Dass er z.B. dabei in Wohnungen einbrechen muss, wenn den Staatshackern das Installieren übers Netz zu mühsam ist. Verstehe ich gut, ich hab auch lieber eine Konsole vor mir, wenn ich Netzanwendungen schreibe. Halte ich aber eher für ein Detail, meine Datenträger bergen mehr privates als die Wohnung. Das liegt vermutlich daran, dass private Dinge im normalen Leben einfach flüchtiger sind als auf Festplatten.
- Oder dass beim neuen BKA-Gesetz die Daten nicht gleich einem Richter vorgelegt werden, sondern erst durch zwei BKA-Leute nach vielleicht privat/nicht privat vorsortiert werden. Davon einer mit Befähigung zum Richteramt. Irgendwie wollte man das Wort wohl drin haben, oder man glaubt, dass Juristen besser zwischen Intimität und Anschlagsplanung unterscheiden können als z.B. Polizisten.
- Wichtig ist natürlich auch die Frage, ob die Platten der Geistlichkeit überprüft werden dürfen und wie man dabei mit Religionsgemeinschaften umgehen soll, die nicht zu den offiziellen staatlich anerkannten Glaubensrichtungen zählen. Wäre mir zum Beispiel völlig egal, ich hab wenig Kontakt zu Priestern.
- Dass die bayerische Version des Schadprogramms auch Daten verändern können soll, ist natürlich schon eine erwähnenswerte Besonderheit, auch wenn allein die Installation schon nicht ohne Veränderung abgehen könnte. Letztlich hätte man das aber auch gut im Gesetz weglassen und der Eigeninitiative der Polizisten überlassen können. Um eine unmittelbare Bedrohung für Leib und Leben abzuwenden darf so ziemlich jeder alles. Es würde ja auch niemand einem Polizisten einen Strick daraus drehen, dass er im Notfall den Rechner des Täters einfach kaputtmacht.
Der Trojaner an sich wird nicht mehr gross hinterfragt. Die Alternative "Vorbeikommen, Platten ausbauen und mitnehmen" hat natürlich auch weniger Flair und wir wissen ja auch, dass die Forensiker eh schon
unter den angesammelten Plattenbergen verschüttet werden. Bliebe natürlich noch das Problem der verschlüsselten Kommunikation, aber das hat mit der Online-Durchsuchung
nichts zu tun, sagt unsere Justizministerin.
Unser Innenminister beruhigt uns übrigens:
Innenminister Herrmann sprach dagegen von einer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für seine Bürger und beschuldigte die Opposition, Horrorszenarien an die Wand zu malen. "Der Vorwurf, dass irgendein braver Bürger plötzlich von Online-Durchsuchungen betroffen sein könnte, ist absurd."
Da hat er sicher recht, aber wer kennt schon die Herrmann'sche Definition von "braver Bürger". Ich halte es für absurd, anzunehmen dass kein braver Bürger davon betroffen sein wird. Bei den
jährlich 40000 Telefonüberwachungen wird ja sicher auch einer dabei sein.