Tja, liebe Mit-YouTube-Nutzer, jetzt sind alle unsere Daten bei der Filmindustrie. Falls also jemand mal ein Video seiner Lieblingsband raubkopierenderweise hochgeladen hat oder seinen letzten Urlaubsfilm mit zeitgenössischer Musik unterlegt hat, das wird jetzt von Viacom ausgewertet. Denen gehört zum Beispiel MTV oder Paramount Pictures. Falls Ihr nur Musik der von der GEMA vertretenen Künstler genommen habt, sollte das ok sein, weil das
darf man ja anscheinend...
Ob die damit was anfangen weiss ich natürlich nicht. Zunächst geht es ihnen darum, dass YouTube ihnen so viele Kunden wegnimmt, weil ja niemand mehr MTV ansieht, wenn er auch bei YouTube alle neuen Clips ansehen kann. Das hat Viacom bisher mindestens 1 Milliarde Dollar gekostet:
Plaintiffs allege that those are infringements which YouTube and Google induced and for which they are directly, vicariously or contributorily subject to damages of at least $1 billion [...]
("Plaintiff" ist übrigens ein "Kläger")Jetzt sind sie natürlich sauer und wollen die Behauptung widerlegen, YouTube hätte nur einen ganz geringen Anteil raubkopierter Inhalte und sei in erster Linie durch selbstgefilmte und selbstvertonte legale Videos gross geworden. Und dazu brauchen Sie sämtliche Logs. Nicht nur wer was wann hochgeladen hat, sondern auch, wer sich das angesehen hat. Selbst von gelöschten Videos und "privaten" (gibts sowas da?) wollen sie das wissen.
Und Youtubes Besitzer Google muss die Daten hergeben. Alle, zumindest wenns beim Spruch des greisen Bundesrichters bleibt. Feinsinnigerweise argumentiert der auch noch mit Googles eigener Vorstellung, dass ja nichts dabei ist, Logs mit IP-Adresse und YouTube-Accountname 18 Monate zu speichern, weil das sei ja völlig anonym:
Defendants do not refute that the “login ID is an anonymous pseudonym that users create for themselves when they sign up with YouTube” which without more “cannot identify specific individuals” (Pls.’ Reply 44), and Google has elsewhere stated:
We . . . are strong supporters of the idea that data protection laws should apply to any data that could identify you. The reality is though that in most cases, an IP address without additional information cannot.
Selbst braven Menschen (unterstellen wir mal, Google sei brav), die niemals Daten missbrauchen würden, kann es also passieren, dass ihnen ihre Daten abhandenkommen. Sei es bei einem Diebstahl, oder durch Gerichtsbeschluss. Und dann wäre es einfach die beste Lösung, diese Daten nicht zu haben oder wenigstens richtig anonymisiert, also ohne Usernamen und ohne IP-Adresse. Fleissiges rumwühlen in den Logs um das eigene Angebot zu verbessern ist auch mit kurzfristigen Daten möglich und die Sicherheit eines Servers steigt nicht, wenn man Besucher und Angriffe des letzten Jahres nachvollziehen kann. Zumindest bei uns wird kein Mensch gezwungen, diese Logs zu führen. Manche halten das sogar für illegal und man wird sicher nicht bestraft, wenn man keine Logs hat. Mit der Vorratsdatenspeicherung hat das auch nichts zu tun, da geht es ja nicht um die Logs des Webservers, sondern um die des Internetproviders. Man wird also auch in absehbarer Zeit diese Daten nicht speichern müssen.
Hoffentlich liefert Google die zwölf Terabyte wenigstens in möglichst unsortierter Form ab. Auf Papier oder so. Es scheint ja eine Eigenart des amerikanischen Rechts zu sein, dass im Zivilverfahren der Beklagte zwar ganz viele eigene Unterlagen an den Kläger rausgeben muss, die wichtigen Beweise aber in einem Stapel Altpapier verstecken darf. Zumindest beginnt im Film jede Anwaltskarriere damit, dass der Held und seine Praktikantenkollegen am Boden sitzen und Papiere sortieren und der zukünftige Staranwalt das entscheidende Dokument rausfischt.
Mehr dazu bei
Heise,
Gulli und im
Gerichtsbeschluss.