Am Donnerstag durfte der Bayerische Rundfunk mal wieder seinen Ministerpräsidenten interviewen. Bei Quer, was ich eigentlich recht schön finde, weil Christoph Süß einfach die besseren Fragen stellt als der übliche Hofberichterstatter. Dabei erfuhr man, dass der sparsame Ministerpräsident nun am Tisch von Alfons Goppel sitzt, weil sein Vorgänger das Mobiliar seines Arbeitszimmers mit in die Rente nehmen durfte. Der Tisch von "Strauß und Stoiber" steht also jetzt in Wolfratshausen oder in Brüssel. Beckstein wollte die Möbel eh nicht, weil er dort immer auf dem Sofa sitzen musste während er von Strauß fertiggemacht wurde.
Und da war sie wieder die
damnatio memoriae. Wie im Alten Rom, wo die Namen der in Ungnade gefallenen Kaiser von den Säulen gemeisselt wurden und ihr Gesichter aus den Münzen gekratzt. Oder wie in Stalins Russland, wo jedes Gemälde übermalt werden musste, weil der neue Diktator die alten Weggefährten nicht mehr sehen wollte.
Eines Tages werden die Leute einfach nicht mehr wissen, dass es einen Ministerpräsidenten von 1988 bis 1993 gab. Der vermutlich auch an dem Tisch seines Vorgängers sass und bestimmt auch Spuren am Sofa hinterlassen hat. Aber anscheinend darf der Name nicht genannt werden. Das erinnert ein wenig an Harry Potter, obwohl die Gefahr gering scheint, dass Stoibers Vorgänger wiederkommt, wenn man ihn beim Namen nennt.
Dabei wäre es garnicht so schlimm. Ok, der Mann war korrupt, aber bei einer Partei, die zu kleinen Diensten unter Spezln ein ähnliches Verhältnis hat wie der fromme Katholik zur Verhütung, wäre das nun wirklich nichts schlimmes. Zu Lebzeiten haben sie den gestrauchelten ja auch noch fleissig gelobt, den "Pionier des Umweltschutzes", der "Pfeiler eingerammt hat, damit die bayerischen Staatsfinanzen auch in stürmischen Zeiten nicht ins Schlingern geraten", den "Eisbrecher des Föderalismus in Europa", dessen Name stets mit dem "Europa der Regionen" verknüpft sein wird (das hat ihm zumindest sein Parteifreund Glück zum
Geburtstag 1997 erzählt).
Und heute? Nix. Niemand darf ihn nennen, eine Lücke von fünf Jahren klafft in der Erinnerung der alten Parteifreunde und nur gelegentlich taucht die Geschichte seines Falls noch in der Zeitung auf. Als Parallele zum Sturz seines Nachfolgers, als Beispiel für die traditionelle Vorgehensweise mit der die zweite Reihe der CSU ihren Chef loswird, wenn er mal für kurze Zeit die Meute nicht voll unter Kontrolle hat.
Bei Stoiber werden sie es aber nicht schaffen. Der Mann ist Teil der Sprachkultur geworden, und selbst wenn der Bayernkurier ihn auf die Liste setzt, das Web
vergisst ihn nicht.