Sunday, 27. January 2008Verwirrung
Und wieder bin ich verwirrt:
Das Schreiben, dass auch beim CCC online abzurufen ist, beschäftigt sich eigentlich mit der Abrechnung der teuren Wanze. Im Gegensatz zu meiner Annahme, dass die selber basteln, kaufen die nämlich für 6000 Pro Monat und 2500 Installationskosten Fremdsoftware ein. Ziemlich teuer für eine "technisch sinnlose Lösung" und eigentlich sollte sich eine nicht durchgeführte Massnahme auch nicht in der Buchhaltung niederschlagen. Vermutlich werden wir halt einfach belogen... Satellitenüberwachung
Ich hab mir mal die Polizeiberichte der letzten Jahre angeschaut. Nicht sehr systematisch allerdings, ich hab einfach nach "Kind" und "Kinder" gesucht und die interessanten Berichte angeklickt, unabhängig davon ob der Täter Kinder nur angeredet hat, sich ausgezogen hat oder schlimmeres getan hat. Angesichts polizeilicher Warnungen vor finsteren Gestalten in Grünanlagen und an Badeweihern
Der lang ersehnte Sonnenschein bringt nicht nur Sommerfreuden, sondern er lockt alljährlich vermehrt auch diejenigen ins Freie, die sich beispielsweise an Seen, in Parks, auf Spielplätzen, ja sogar in öffentlichen Verkehrsmitteln in obszöner Weise gegenüber arglosen Passanten, auch Kindern, zur Schau stellen. [Quelle] halte ich nämlich die neueste Idee unserer Justizministerin einfach nur für eine nette Wahlkampfidee: Einfach allen rückfallgefährdeten Kinderschändern GPS-Empfänger ans Bein binden und dann Betretungsverbote für die Gegend um Schulhöfe und Kindergärten aussprechen. Klingt ja auch gut. Man setzt modernste Mittel ein ("Satellitenüberwachung" klingt doch toll, auch wenns nur GPS ist und der Satellit da nichts überwacht), tut was für die Kinder und sorgt für Sicherheit. Jetzt muss man nur noch die Täter dazu bringen, ihre Batterien regelmässig zu wechseln und stets Sichtkontakt zu einem grösseren Ausschnitt des Himmel zu halten. U-Bahnen scheiden zum Beispiel als Aufenthaltsort aus, aber wir wissen ja, dass dort die Bedrohung eher von den Jüngeren ausgeht. Manchmal habe ich den Eindruck, Bayern soll so eine Art Versuchslabor für neue Polizeimethoden sein. Dabei hat man doch schon wunderbare Erfahrungsberichte aus dem Versuchsland der EU, man könnte ja auch einfach die englischen Berichte über GPS-Fussfesseln und flächendeckende Kameraaufzeichnung lesen. Das Ergebnis meiner Zählung spricht jedenfalls für die Theorie, dass hier nur neumodischer Populismus geübt wird. Wirklich wirkungsvoll wäre ein Strassenverbot für die Tätergruppe. Spielplätze scheinen gefährlich zu sein, Kinder in Schulhöfen allerdings sind nicht gefährdeter als beispielsweise Kinder in ihrem Wohnhaus und Kindergärten wurden nirgends erwähnt:
Monday, 21. January 2008doch nicht vorher
Wenn ich die Süddeutsche heute richtig verstehe, will der Innenminister Herrmann doch keinen eigenen Landestrojaner vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts. Er will nur der erste sein, der danach ein eigenes Gesetz dafür hat:
Etwaige Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts könnten nach Ansicht Herrmanns während der parlamentarischen Beratungen im Landtag ohne Probleme in die Gesetzgebung einfließen. Während der parlamentarischer Beratungen -- gemeint ist hier der komplizierte Interessensausgleich zwischen Ministerium, Staatskanzlei, Partei und Fraktion -- werden also noch kleine Korrekturen eingearbeitet. Ich verstehe die Eile trotzdem nicht. Erster sein kann er ja nicht mehr. Das was da in Karlsruhe verhandelt wird ist ja schon ein Landestrojaner seines nordrhein-westfälischen Kollegen. Allerdings ist der aus der FDP, was vermutlich dem Herrmann genauso stinkt wie dem freiheitlichen Teil der FDP. Vielleicht spekuliert er damit, dass das Gesetz aus NRW vom Gericht ganz zerrissen wird, dann hätten die garkeines und wir hätten wenigstens ein kleines. Wäre schlecht für Bayern, aber insgesamt gesehen vielleicht doch ganz gut. Saturday, 19. January 2008Bayerischer Landestrojaner
Der Mathematiker, den das LKA im Oktober gesucht hat, scheint gut zu sein. Nicht unbedingt ein guter wissenschaftlicher Kryptologe, aber als Hacker nicht unbegabt. "Wissenschaftliche Auseinandersetzung" war ja auch nicht verlangt, schnelle Hacks sind das Ziel.
Anscheinend ist er jetzt fertig, plötzlich will der Innenminister nicht mehr länger darauf warten, ob das Bundesverfassungsgericht Online-Durchsuchungen erlaubt, sondern noch in den nächsten Wochen den eigenen Verfassungsschutzvirus an den Mann bringen. Genehmigen wird jeden Einsatz übrigens der Minister persönlich. Der brave Bürger muss sich also keine Sorgen machen, auf die Rechtschaffenheit und das Augenmass des Herrn Herrmann kann er vertrauen. Wednesday, 16. January 2008Verwirrung
Seit knapp 3 Wochen ist das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung gültig, und immer noch herrscht Verwirrung in den Medien, was eigentlich gespeichert wird und wozu.
Der Spiegel berichtet Ende Dezember noch darüber, dass auch die Betreffzeilen der Mails gespeichert würden: Allerdings ist bei den Protokollen einiger Dienste, etwa E-Mail, technisch nicht ohne weiteres sauber zwischen Inhalten (etwa Betreffzeile) und Transport-Details (E-Mail-Adressen) zu trennen. Er erwähnt das allerdings eine Woche später nicht mehr. Vielleicht hat ihnen mal jemand ein Mailserver-Log gezeigt. Der Bayerische Rundfunk erwähnt die Ortung per GPS, wobei die die Vorratsdatenspeicherung nur als Aufhänger nutzen und allgemein über "gläserne Bürger" schreiben: Über Handy kann man dank GPS geortet werden. Sogar vor seiner Einführung war das Gesetz schon nützlich, um Schläger in der Münchner U-Bahn ausfindig zu machen, sagt Schäuble den Münchner Wählern des CSU-Oberbürgermeisterkandidaten: Der CDU-Politiker meinte, dass die Festnahme der zwei Täter, die im Dezember einen Rentner überfallen haben, mittels Vorratsdaten erfolgt sei, weshalb deren Speicherung nötig sei. Das ist natürlich alles Unsinn. Mailserver kommen gut mit Absender, Empfänger, Uhrzeit und IP-Adressen der beteiligten Rechner zurecht. Subject und ähnlicher Inhalt der Mail würde den armen Server nur verwirren. Mein Mailserver schreibt zum Beispiel solche Logs: Jan 16 20:58:15 CET 2008 client=liszt.debian.org[82.195.75.100] Mein Handy hat wie die meisten dieser Dinger kein GPS eingebaut und wenn würde es trotzdem seine Koordinaten nicht permanent senden, der Provider muss zur Ortung weiterhin sein Funktürmchen nutzen, die Organe der inneren und äusseren Sicherheit haben IMSI-Catcher dafür. Und der Schläger in der U-Bahn wurde nicht dank der Vorratsdatenspeicherung gefunden, sondern weil sein Provider für die Abrechnung die Rufnummern aufbewahrt, vielleicht auch mehr, nachdem er wusste, dass das Handy geklaut worden war. Jedenfalls wäre eine 6-Monatige Datenspeicherung für staatliche Zwecke auf Vorrat zu diesem Zeitpunkt illegal gewesen. Ich finde diese Verwirrung eigentlich nicht schlecht. Ich glaube, seit der Volkszählung 1987 gabs kein so breites Interesse daran, was der Staat über uns wissen kann und darf. Breite Schichten machen sich plötzlich Sorgen um Verschlüsselung und der Spiegel macht Werbung für Anonymisierungstechniken. Damit kommt dieses Thema endlich aus den finsteren Ecken des Internets raus, in denen sich bisher Freaks, Geheimagenten und Raubkopierterroristen getummelt haben. Eine Spur Fatalismus seh ich allerdings auch. Irgendwie lese ich aus den Beispielen auch sowas wie "Die wissen eh schon alles" raus, manchmal auch "Die verschaffen sich das alles eh irgendwie, auch illegal". Das stimmt natürlich auch, wer Zypries Rede im Bundestag "Diese Daten, die für Abrechnungszwecke gebraucht werden, werden gespeichert, nicht mehr und nicht weniger" mit der Realität des Gesetzestextes (Mailserverlogs, Positionsbestimmung bei Handytelefonaten, Logs bei kostenlosen Anonymisierern) vergleicht, könnte leicht das Gefühl bekommen, dass wir absichtlich belogen werden. Das mit dem GPS im Handy war vielleicht auch nur ein prophetischer Zug des BR. Einige Handies lassen sich ja schon als Navigationsgerät verwenden. Bei flächendeckender Versorgung mit Ortungshandies wird es bestimmt einen Dienst geben, der die Navigation im Nahbereich anbietet. In grossen Biergärten entfallen so die lästigen Gespräche "Ich bin jetzt am Eingang, wo sitzt Ihr?". Stattdessen wird eine kleine Karte mit allen registrierten Freunden im Umkreis von 200m angezeigt. Dieses "location based buddy finding" (kurz "lobbing") erfordert dann auch regelmässiges Übermitteln und zentralen Abgleich der Daten. Und natürlich wird der Staat dringend Zugriff darauf brauchen, um verfolgen zu können, welche buddies sich wo zusammenrotten. Nachtrag: Das hier ist im Moment der einzige Google-Treffer für "location based buddy finding". Wenn einer so einen Dienst rausbringt und so nennt, will ich 0,5% vom Gewinn!
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