Friday, 28. December 2007Der Notar
Wenn ich mir die Meldungen so anschaue, dass der Bundespräsident die Vorratsdatenspeicherung über die Feiertage abgezeichnet hat und besonders die Reaktionen darauf, dann frag ich mich, welche Heilserwartung die Leute auf den Herrn Köhler gerichtet haben. Der Präsident mag ja in der Vergangenheit ein paar Gesetze wegen Bedenken ausgebremst haben, aber im Grunde sind Standesbeamte nicht dazu da, unglückliche Ehen zu verhindern und Notare haben nicht die Aufgabe, einem schlechten Geschäft die Unterschrift zu verweigern.
Klar wärs als symbolischer Akt ganz nett, wenn er grosse Bedenken dabei formulieren würde, aber eigentlich wärs mir auch nicht recht, wenn er wirklich was verhindern könnte. Das hiesse ja, dass im umgekehrten Fall ein durchgeknalltes Staatsoberhaupt auch vernünftige Gesetze verhindern könnte, die von einer direkt demokratisch legitimierten Parlamentsmehrheit verabschiedet werden. Im Vergleich zur Bundestagswahl ist die Präsidentenwahl doch eher ein symbolischer Akt, durchgeführt von Parlamentariern, die mit getreuen Promis wie Ottfried Fischer, Karl-Heinz Rumenigge und Rosi Mittermaier-Neureuther glanzvoll und bürgernah aufgestockt werden. Mehr Hoffnung hab ich da ins Verfassungsgericht. Wobei das ja eigentlich auch nur kurzfristig hilft. Über kurz oder lang haben die Regierenden alle Pöstchen mit Vertrauensleuten besetzt und das Gericht tagt unter dem Vorsitz von Frau Zypries... Sunday, 25. November 2007Anstandsfrist vorbei
Das ging aber schnell. Keine drei Wochen ist das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung alt und aufmerksame Beobachter werden sich vielleicht noch erinnern, dass dieses Gesetz mit der Begründung "Terrorismus" und "schweren Straftaten" dem unbedarften Bürger und Bundestagsabgeordneten schmackhaft gemacht wurde.
Schon lesen viel pfiffigere Volksvertreter aus dem Bundesrat das Gesetz mit anderen Augen. Was die Legislative (also Dass die Vorratsdatenspeicherung auch gegen Klingeltondiebe, Musikpiraten und Raubkopierer dienen soll, ist also der Länderkammer völlig klar. Sie findet lediglich, dass der Zugriff auf diese Massen von Daten der Kleinkriminellen nicht länger die Staatsanwaltschaften belasten soll. Schliesslich will man so grosse Teile der Bevölkerung nicht kriminalisieren, sondern das sollen Musik und Softwareindustrie dann mit den Kopieren ausmachen. Also brauchen wir den direkten Zugriff der Urheberrechtsverwerter auf die Vorratsdaten: Der Deutsche Bundestag hat dieses Anliegen gleichwohl nicht aufgegriffen und führt in der Begründung zu § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG-neu aus, dass die Verwendung der nach § 113a TKG-neu gespeicherten Daten grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften für hoheitliche Zwecke beschränkt bleiben solle. Unberührt bleibe die Möglichkeit eines Rechteinhabers, im Rahmen eines Strafverfahrens Auskunft aus der Strafverfahrensakte zu beanspruchen und dadurch mittelbar an dem Ergebnis der durch die Strafverfolgungsbehörden eingeholten Bestandsdatenauskunft zu partizipieren. Mit dieser Begründung räumt das Gesetz selbst ein, dass ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch nicht erfüllbar ist. Auf den diametralen Widerspruch zu dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums geht die Begründung nicht ein. Erledigt werden soll das übrigens nicht per Vermittlungsauschuss im vorliegenden Gesetz zur Speicherung, man will keinen Wind machen, jetzt wo man das so schön über die Bühne gebracht hat. Viel besser ist es, wenn man das irgendwann mal im Urheberrrecht reinschiebt, wo das bestimmt keiner merkt. In diesem Gesetz macht der Bundesrat übrigens nochmal deutlich, dass es ihm nichtmal um "schwerkriminelle Urheberrechtsverletzer" geht sondern tatsächlich um den Tauschbörsennutzer: Diese Voraussetzung [der geschäftlichen Rechtsverletzung], [...] würde dazu führen, dass der Hauptanwendungsfall des Auskunftsanspruchs gegenüber Dritten, die Verletzung des Urheberrechts im Internet, leerlaufen würde und die Rechteinhaber schutzlos gestellt würden. Gespannt bin ich ja, wie sie das formulieren werden. Ist schon klar, dass sie mit "Rechteinhaber" immer "Sony BMG, EMI, Warner, Microsoft" meinen. Aber eigentlich kenne ich niemanden, der nicht Inhaber von Urheberrechten wäre. Sei es durch einen gelungenen Text, ein selbstgeknipstes Foto, ein gemaltes Bild oder einen besonders künstlerischen Schneemann... Tuesday, 20. November 2007Tools
Beim law blog hab ich einen Link zu den Fragen und Antworten zur Online-Durchsuchung des Innenministeriums gefunden. Nix neues, wir können ganz beruhigt sein, sagt der Minister...
Nur eine Stelle fand ich bemerkenswert: Wie sollen die bei den Online-Durchsuchungen anfallenden Datenmengen durch die Sicherheitsbehörden bewältigt werden? Endlich hab ich eine Übersetzung für Tools gefunden. Und ich dachte bis jetzt immer, Tools schreibt man mit Z. Wednesday, 14. November 2007Unwürdiger Vorgang
Wie viele andere hätte mich ja schon interessiert, ob die Bundestrojaner, die unter Schily losgelassen wurden aus Unwissenheit oder als kalkulierter Rechtsbruch genehmigt wurden. Dass sie rechtswidrig waren, ist ja inzwischen geklärt.
Leider werden wir das nie erfahren. Der damals zuständige Staatssekretär wird uns nichts erzählen. Er ist nämlich heute nicht mehr zuständig, sondern darf im Justizministerium seinen Scharfsinn bei der Textanalyse beweisen. Deshalb kann er auch nicht vor dem Innenausschuss zu dieser Affäre aussagen: Die Opposition beantragt seit Monaten im Innenausschuss, Diwell dazu befragen zu können, ob er - wie in einem Interview behauptet - tatsächlich nicht gewusst habe, dass seine Verwaltungsanordnung zum Ausspähen privater Computer benutzt werden würde. Im November hatte sich auch die Union überraschend dem Wunsch der Opposition angeschlossen, den Ausschussvorsitzenden Sebastian Edathy (SPD) damit zu beauftragen, Diwell in einem Brief zur Sitzung des Innenausschusses zu laden. Edathy teilte am Vormittag mit, Diwell habe seinen Brief beantwortet und darauf hingewiesen, er sehe sich außer Stande, im Ausschuss zu sprechen, da er "sachlich nicht zuständig" für das Thema sei. Diwell ist inzwischen Staatssekretär im Justizministerium. Die Koalitionsfraktionen verwiesen in der Ausschusssitzung darauf, man habe "kein Zitierungsrecht" und könne Diwell zu einem Besuch "nicht zwingen". Die Opposition zeigte sich davon verärgert. Für fachlich zuständig hält er sich allerdings schon noch. Zumindest bastelt er weiter am Gesetz, das die früheren illegalen Aktivitäten seiner Untergebenen endlich legalisiert. Erst letzte Woche hat er den Unterschied zwischen legal abzuhörender "laufender Kommunikation", wie z.B. Internet-Telefonie und der strenger geschützten "geronnenen Kommunikation" mit einer ganz neuen Wortschöpfung fein herausgearbeitet. Sowas finden sogar die Abgeordneten der Union doof, die sich vielleicht auch einfach nur einen besseren Stand für Schäuble erhofft. Für den wäre es ja schon schön, wenn sein Vorgänger nicht nur aus Fahrlässigkeit sondern aus fester Überzeugung die heimliche Online-Durchsuchung genehmigt hätte. Auch die Union zeigte sich empört: Der Vorgang sei "eine Farce" und man fühle sich "als Parlamentarier auf den Arm genommen". Diwells Verhalten sei nicht das, was "man von einem der höchsten Beamten der Bundesrepublik erwartet hätte". Allerdings seien den Ausschussmitgliedern nunmehr die Hände gebunden und man plädiere dafür, die Sache "als unwürdigen Vorgang im Deutschen Parlament" abzuschließen. Schade, aber da kann man halt nichts machen. Vermutlich gibts für Diwell dieses Jahr auch keine Weihnachtskarte vom Innenausschuss, aber zu schärferen Massnahmen kann der Ausschuss nicht greifen. Das ist natürlich ziemlich schade, weil gerade im Bereich der Geheimdienste wird ja praktisch alle Kontrolle an das Parlament abgegeben, insofern wäre es schon irgendwie sinnvoll, diese Kontrolle nicht nur von der Auskunftsbereitschaft des Verantwortlichen abhängig zu machen. Vielleicht kommen die Parlamentarier ja zu einer Auskunft, wenn der Mann wieder im Innenministerium arbeitet. Schäuble findet das ja sicher super, wie genial der Staatssekretär der Legislative auf der Nase rumtanzt. Schliesslich ist Schäuble auch nicht so für diese Untersuchungen: Angesichts der grenzüberschreitenden Dimension der Kriminalität und des Terrorismus müsse die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste ausgebaut werden, mahnte der CDU-Politiker. Schäuble fügte hinzu, dies sollte man auch „nicht durch parlamentarische Untersuchungsausschüsse gefährden, weil dies der Sicherheit unseres Landes nicht entspricht“. Monday, 12. November 2007Vorratsdatenspeicherung für kleine Server
Im Beitrag hier drunter geht der Link vielleicht verloren, drum nochmal ein Hinweis auf
Jens Ferner: Vorratsdatenspeicherung in der Praxis I der sich darüber Gedanken macht, wie private "Provider" für den Freundeskreis mit einem (v)Server mit der neuen Gesetzeslage umgehen sollen. Der Autor legt das Gesetz recht vorsichtig aus und meint, dass vielleicht auch diese kleinen Provider davon betroffen sein könnten. Ich kanns selbst nicht beurteilen, weil ich nicht abschätzen kann, wie Juristen mit Ausdrücken wie "öffentlich zugänglicher Dienst" umgehen. Ob das ein Mailserver ist, der seine Mailadressen an jedermann verkauft/verschenkt oder ein Mailserver, bei dem jedermann einen Brief abliefern kann, kann aber nur ein Schriftkundiger entscheiden. Womöglich gibts dazu sogar schon ein wegweisendes Urteil über die Aufstellung von Briefkästen... Durchlesen sollte man sichs zumindest mal, um nicht plötzlich von wichtigen Fragen überrascht zu werden. Ausserdem schadet es nicht, wenn man sich mal Gedanken macht, wo welche Logfiles liegen, was die an persönlichen Daten enthalten, wie man sowas auskunftsgerecht aufbereiten würde und wie man die vorratsgespeicherten Daten gesichert und verschlüsselt aufbewahren würde.
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