Das ging aber schnell. Keine drei Wochen ist das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung alt und aufmerksame Beobachter werden sich vielleicht noch erinnern, dass dieses Gesetz mit der Begründung "Terrorismus" und "schweren Straftaten" dem unbedarften Bürger und Bundestagsabgeordneten schmackhaft gemacht wurde.
Schon lesen viel pfiffigere Volksvertreter aus dem
Bundesrat das Gesetz mit anderen Augen. Was die Legislative (also
die Regierung der Koallitionsausschuss,
die der die Gesetze entwirft und abnicken lässt) ihrem koalitionären Stimmvieh heimlich untergeschoben hat, gewinnt nun zentrale Bedeutung: Der kleine Satz "Straftat mittels Telekommunikation begangen" gleich unter der Erwähnung der "Straftaten erheblicher Bedeutung". Wusste natürlich vorher auch schon jeder halbwegs informierte, Frau Merk hats schon
vorher gefordert und die Linkspartei hat das auch so in der
Plenardebatte formuliert und den gespielten Widerspruch der Koalition geerntet.
Dass die Vorratsdatenspeicherung auch gegen Klingeltondiebe, Musikpiraten und Raubkopierer dienen soll, ist also der Länderkammer völlig klar. Sie findet lediglich, dass der Zugriff auf diese Massen von Daten der Kleinkriminellen nicht länger die Staatsanwaltschaften belasten soll. Schliesslich will man so grosse Teile der Bevölkerung nicht kriminalisieren, sondern das sollen Musik und Softwareindustrie dann mit den Kopieren ausmachen. Also brauchen wir den direkten Zugriff der Urheberrechtsverwerter auf die Vorratsdaten:
Der Deutsche Bundestag hat dieses Anliegen gleichwohl nicht aufgegriffen und führt in der Begründung zu § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG-neu aus, dass die Verwendung der nach § 113a TKG-neu gespeicherten Daten grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften für hoheitliche Zwecke beschränkt bleiben solle. Unberührt bleibe die Möglichkeit eines Rechteinhabers, im Rahmen eines Strafverfahrens Auskunft aus der Strafverfahrensakte zu beanspruchen und dadurch mittelbar an dem Ergebnis der durch die Strafverfolgungsbehörden eingeholten Bestandsdatenauskunft zu partizipieren. Mit dieser Begründung räumt das Gesetz selbst ein, dass ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch nicht erfüllbar ist. Auf den diametralen Widerspruch zu dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums geht die Begründung nicht ein.
Erledigt werden soll das übrigens nicht per Vermittlungsauschuss im vorliegenden Gesetz zur Speicherung, man will keinen Wind machen, jetzt wo man das so schön über die Bühne gebracht hat. Viel besser ist es, wenn man das irgendwann mal im Urheberrrecht reinschiebt, wo das bestimmt keiner merkt. In diesem Gesetz macht der Bundesrat übrigens nochmal deutlich, dass es ihm nichtmal um "schwerkriminelle Urheberrechtsverletzer" geht sondern tatsächlich
um den Tauschbörsennutzer:
Diese Voraussetzung [der geschäftlichen Rechtsverletzung], [...] würde dazu führen, dass der Hauptanwendungsfall des Auskunftsanspruchs gegenüber Dritten, die Verletzung des Urheberrechts im Internet, leerlaufen würde und die Rechteinhaber schutzlos gestellt würden.
Gespannt bin ich ja, wie sie das formulieren werden. Ist schon klar, dass sie mit "Rechteinhaber" immer "Sony BMG, EMI, Warner, Microsoft" meinen. Aber eigentlich kenne ich niemanden, der nicht Inhaber von Urheberrechten wäre. Sei es durch einen gelungenen Text, ein selbstgeknipstes Foto, ein gemaltes Bild oder einen besonders künstlerischen Schneemann...