Wednesday, 15. December 2010Schwere WahlDie Parteien machen es dem Bürger nicht leicht. Wer die Entwicklung des Jugendmedienstaatsvertrags verfolgt hat, weiss eigentlich gar nicht, wen er mögen soll. Es ist zwar im Ergebnis begrüssenswert, falls dieses Machwerk wirklich morgen in NRW scheitern sollte, aber schön ist das nicht... Die Union ist eigentlich in jedem Bundesland dafür, aus Prinzip. Die SPD ist auch überall dafür, wo sie in der Regierung sitzt und zum Beispiel auch in Bayern, wo sie Opposition spielt. Ich glaube, sie sind auch deshalb eher dafür, weil der Vertrag aus dem Hause Kurt Becks stammt, der unter den Ministerpräsidenten für Mediendinge zuständig ist. Bisschen dagegen sein und Bauchschmerzen bei der Abstimmung vortäuschen ist aber auch gut, das wirkt modern, liberal und netzfreundlich. Die Grünen, die FDP und die Linken sind fast überall dagegen, wo sie in der Opposition sitzen, ausser in Thüringen, da waren die Grünen auch in der Opposition dafür. Wo sie in der Regierung sitzen, sind sie aber immer dafür. Man will den grossen Partner nicht verärgern und ausserdem bekommt man als Gegengeschenk von der SPD zum Beispiel ein neues Gesetz zu den Jobcentern in Berlin. Und überhaupt haben die Ministerpräsidenten den Vertrag ja schon unterschrieben und es steht dem Parlament nicht zu, bei der Ratifizierung nachträglich Kritik am Landesherrn zu üben. In NRW ist die Sache kompliziert. Da regiert Rot/Grün. Und die waren bis heute für den Staatsvertrag, eben weil sie an der Regierung sind. Da zählt auch nicht, dass die Unterschrift vom vorherigen Ministerpräsidenten geleistet wurde, Kontinuität ist wichtig. Allerdings regiert da eine rotgrüne Minderheitsregierung. Und deshalb ist jetzt auch die CDU gegen den Staatsvertrag, obwohl ihr alter Chef den unterschrieben hat. Weil wenn man der Regierung eins auswischen kann, zählen keine Prinzipien mehr, da gehts um höhere Werte. Sollte nämlich die Opposition aus Linken, FDP und CDU geschlossen dagegen votieren, könnte man der SPD/Grünen-Regierung eine Abstimmungsniederlage beibringen. Eine Abstimmungsniederlage der Regierung ist praktisch der Untergang der Demokratie, muss also um jeden Preis verhindert werden. Also wollen jetzt SPD und Grüne auch gegen den Vertrag stimmen. Dann wären sie auch bei den Gewinnern und ausserdem hatten sie ja schon immer Bauchschmerzen. Machiavelli hätte seine Freude an diesem Schauspiel. Aber angenommen, ich möchte meine Wahlentscheidung nach Standpunkten und Programmen treffen statt nach Unterhaltungswert, ich wüsste nicht, warum ich überhaupt wählen sollte. Nachtrag 16.12.: Es kam wirklich so. Eben wurde der JMSTV in NRW abgelehnt. Einstimmig, alle Parteien, die woanders dafür waren, waren also heute in Düsseldorf dagegen. Monday, 13. December 2010Update der SpiegellisteIch hab mal meine Länderliste der Wikileaks-Mirrors neu gemacht. Viel hat sich seit letzter Woche an der Verteilung auf Staaten nicht geändert, es sind nur wieder ein paar mehr geworden. Mich fasziniert dieses System. Früher musste man viel Geld ausgeben und spezialisierte Provider wie Akamai bezahlen, um seine Information weltweit zu verteilen. Und wäre bei problematischen Inhalten dann wieder den AGBs und dem vorauseilenden Gehorsam dieser Firmen ausgeliefert. Alternativ gabs natürlich auch immer P2P oder Darknets, aber mit Diensten für Freaks erreicht man halt keine Öffentlichkeit. Inzwischen reicht aber auch ein einfacher Aufruf, ein bisschen Hilfestellung und vor allem ein interessantes Projekt und hunderte Serverbetreiber stellen ein bisschen Platz zur Verfügung und geben einem einen Account. Sogar Zeitungen helfen mit und basteln Umleitungen zu aktuell erreichbaren Mirrors. (Die vollständige Liste gibts wieder hier, Karten könnt Ihr Euch selber draus machen) Nachtrag 16.12.: Es werden immer mehr, aber ausser dass neuerdings auch in Libyen vier der 2194 Seiten gehostet werden, hat sich aber nicht viel geändert. Zur Liste und zur Karte. Tuesday, 7. December 2010Verteilung der SpiegelUnsere Provider stehen gar nicht schlecht da bei der Tolerierung von Wikileaks-Mirrors, die meissten Spiegel stehen in Deutschland. Es gibt zwar Provider, die das nicht erlauben, aber das Gros der Hoster scheint mitzuspielen. Oder kümmern sich zumindest nicht darum, was ihre Kunden treiben, solange keine Beschwerden kommen. Grosse Länder kommen ja bei diesen Auswertungen immer recht gut weg. Nach Einwohnern gerechnet stehen die Niederlande an erster Stelle, gefolgt von Schweden, Deutschland, der Schweiz, Norwegen, Estland und Frankreich. (Die vollständige Liste gibts hier, Karten könnt Ihr Euch selber draus machen) Update 8.12.: Am 7.12. Abends gabs eine neue Liste. Reihenfolge, Zahlen und Karte beziehen sich jetzt auf diese. Insgesamt gabs 1005 URLs, die sich in 926 IPv4-Adressen auflösen liessen, der Rest war schon wieder gelöscht oder war eine doppelte URL zu einer IP-Adresse. 925 davon liessen sich lokalisieren. Die oben verlinkte Meldung, dass Hetzner keine Mirrors dulden will, stimmt inzwischen nicht mehr. Wednesday, 1. December 2010SendezeitNur für den Fall, dass man bei der Einschätzung unserer Jugendschutzgesetzgebung fürs Internet einigen Seitenbetreiben, oder anderen Rechtsgelehrten folgt, oder gar eine dritte Meinung einholt und dann immer noch nicht weiss, was man machen soll... Das da wäre ein funktionierendes Beispiel für eine Sendezeitbegrenzung per .htaccess. Wer tagsüber aus dem geschützten Deutschland eine html-Seite aufruft, wird auf kinderprogramm.html umgeleitet:
RewriteEngine On Vorher natürlich noch "libapache2-mod-geoip" installieren und gelegentlich diese GeoIP.dat bei maxmind aktuallsieren und auch an Bilder denken und an Seiten, die nicht auf .html enden. Ich glaube, ich stell mich einfach auf den Standpunkt, ich hätte hier eine Zeitung, die müssen nämlich keine Sendezeiten einhalten. Und in Sachen Jugendgefährdung kann ich kaum mit renomierten Presseerzeugnissen mithalten die mich z.B. mit Stories versorgen über die "Nackt-Nonne Anja, wie sie Castrop-Rauxel versext". Die aufgezeichneten Chats mit Eliza zeige ich aber tatsächlich nur noch nachts. Es ist ja doch erstaunlich, was die Leute so alles schreiben, wenn sie Cybersex mit einem Roboter suchen und dabei scheinbar anonym auftreten können... Normenklarheit gilt übrigens als wesentliches Merkmal eines Rechsstaats, sagt man. Aber ich glaub, das ist schon lange in Vergessenheit geraten... Nachtrag 2.12.: Ich glaube, diese Einschränkung auf deutsche Besucher baue ich wieder aus. Seit ich das geoip-Modul in Apache eingebaut hab, wimmelt mein Fehlerlog von Abbruchmeldungen bei cgi-scripts "Premature end of script headers". Bei allen Seiten, egal ob ich das dort benutze, oder überhaupt aktiviert habe, oder nicht. Ich kanns nicht näher eingrenzen, aber der zeitliche Zusammenhang ist schon recht deutlich. Für Besucher aus fremden Ländern in fernen Zeitzonen ist die Regelung zwar noch dämlicher als für Einheimische, aber die sollen ruhig sehen, wie ungeschickt unsere Länderparlamente sind... Wednesday, 3. November 2010GeodatenschutzWoran liegts nur, dass unsere Politiker so gerne auf Streetview schimpfen, und dabei das Wort "Geodaten" verwenden? Mir fällt ja fast kein Beispiel ein, wo Geodaten irgendwie schützenswert sind. Ich hab Angst, dass es immer schwieriger wird, ganz alltägliche Daten zu erheben oder Städte zu knipsen, blos weil das irgendwas geographisches an sich hat und plötzlich unter den Schutz der Bürger vor Fassadenspannern fällt. Mal ein Beispiel: Das da links sind "Geodaten". Rechts daneben befindet sich oben eine mögliche Darstellung dieser Daten und darunter das Bild einer Hausfassade:
Es wäre berechtigt, wenn die Bewohner dieses Hauses oder deren Nachbarn nicht möchten, dass ihr Haus im Internet gezeigt wird und darauf hingewiesen wird, dass sie in einem derart prächtigen Haus wohnen. Oder zu welchem Zweck sie das Gebäude nutzen. Ob das allein für die Fotografie der Fassade von der Strasse aus gilt, darüber kann man streiten. Das ändert aber nichts an den Geodaten zu diesem Haus als Verkehrshindernis und Orientierungspunkt. Ein Stadtplan würde selbst gegen den Willen der Bewohner die Grenze zwischen Haus und Verkehrsfläche irgendwie einzeichnen um nicht versehentlich Fussgänger und Radler über die scheinbar unbebaute Fläche zu führen. Noch ein Beispiel: Wieder links Geodaten, rechts eine mögliche Darstellung derselben und darunter das Bild eines markanten Punktes der mittels solcher Daten lokalisiert werden kann: <trkpt lat="47.652200325999999" lon="11.643178426"> Es ist möglich, dass der Mensch mit dem GPS-Gerät in der Tasche nicht möchte, dass jeder weiss, wo er am 16.10. um 10:04 GMT war. Oder dass er überhaupt jemals in der Gegend um 47.6 Nord 11.6 Ost war. Oder dass er zwei Stunden für 890 Höhenmeter braucht und dann eine Pause einlegen muss. Das ist sein gutes Recht und diesen Personenbezug und die Details dieser Wanderung geheim zu halten wäre Datenschutz. Die Information, dass bei 47.65278 Nord 11.64361 Ost ein 1601 Meter hoher Grasbuckel mit Kreuz steht, ist ein typisches nicht schützenswertes Geodatum. Das geheim zu halten wäre kein Datenschutz. Das wird aber sicher auch bald geschützt, wenn dauernd die Begriffe "Geodaten", "Bild von deinem Haus im Internet" und "Personenbezogene Daten" vermischt werden, weil man glaubt, das käme beim Volk grad leicht verständlich an. (Die Karte, der Grundriss und die Daten zur Theatinerkirche sind von Openstreetmap unter cc-by-sa-Lizenz)
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