Thursday, 5. June 2008Damit Sie nicht der nächste sind
Ich bin ja gespannt ob die Münchner CSU auch den nächsten Wahlkampf mit Polizeifotos führt, die sie "aus dem Internet abfotografiert" hat. Zur Zeit gäbe es da ein schönes Motiv mit einer Zeugin und einem betagten Tatverdächtigen, der eine 13-jährige an eine einfahrende U-Bahn geschubst haben soll.
Das ganze hat zwar nicht ganz die Dynamik ihres letzten Wahlplakats zur Kommunalwahl, auch sind Rentner in Ringelpullovern viel häufiger wahlberechtigt als Jugendliche aus Einwandererfamilien, aber zur Verunsicherung der MVV-fahrenden Bevölkerung tragen beide Gruppen bei. Politisch korrekt wäre es, denn auch im Frühjahr ging es ja nicht um Ausländer, Jugendliche oder sonstige Themen die aus dem rechten Schlamm geblubbert sind, sondern einzig darum, zu zeigen, dass für die CSU "der Schutz der Opfer und die Sicherheit der Münchner Bürger Priorität hat" und dem Opfer ist es egal, ob der Täter 17 oder 70 ist. Monday, 19. May 2008Kaperbriefe für die Wahl
Ich hab mal wieder bei der Piratenpartei vorbeigeschaut, die suchen noch Leute, die einen Zettel ausfüllen, damit sie zur Landtagswahl im Herbst 2008 antreten dürfen. Für Oberbayern und Schwaben haben sie nämlich Kandidaten. Sie brauchen nur noch 2000 Oberbayern und 1297 Schwaben, die eine Bewerbung der Piraten befürworten.
Ich füll das Ding mal aus und schicks ihnen, obwohl ich lieber hätte, dass einer der Piraten mit der hübschen Sammelbox vorbeischaut, wenn sie schon extra kleine Schiffchen dafür basteln. Ob ich sie dann wähle ist eine andere Frage. Das Forum wirkt ja ein wenig verwirrend, ungewohnt, basisdemokratisch, aber so haben andere auch mal angefangen, nur dass man woanders zu den Sitzungen gehn muss um das mitzubekommen. Bei den Piraten kann mans bequem im Forum nachlesen. Da ich ja trotz anderslautender Umfragen immer noch an die absolute Mehrheit der Union glaube, könnte es eigentlich egal sein. Ob die SPD da mit 40 oder mit 35 und die Grünen mit 15 oder 12 Abgeordneten rumsitzt, ist wurst, da kann man ruhig auch mal eine Stimme an die Chancenlosen als Beweis der Wertschätzung verschenken. Das Argument, dass man nur wählen soll wenn man sich die Erwählten auch in der Regierung vorstellen kann, zählt auch nicht viel. In der SPD kann ich mir ja auch nur den Maget als Ministerpräsident vorstellen bei den Ministern beissts dann schon aus. Der Ude will ja sicher nicht Minister werden und alle anderen Posten müsste man mit (Re)Importen besetzen. Andererseits, wenns dann an den 0,3% scheitert, dass der Beckstein stürzt, beiss ich mich .... Also mal sehn. Saturday, 3. May 2008Links oder Rechts
Jetzt wirds aber kompliziert, zu den nächsten Bürgerkriegsübungen der Linken und Rechten muss ich wohl selber fahren, aus der Presse kriegt man ja kein klares Bild.
Während der Spiegel Online schlagzeilt "Rechtsextreme feiern Mai-Krawalle als Sieg" steht in der Süddeutschen "Günther Beckstein: Linken Gewalttätern das Handwerk legen"... Vielleicht liegts an der raffinierten Finte der gewaltbereiten Neonazis, sich jetzt "Autonome Nationalisten" zu nennen. Becksteins Presseerklärung spricht auch nur von "Autonomen und Linksextremisten". Vielleicht langt die Aufmerksamkeit halt nur bis zur vierten Silbe. Ausserdem muss man nachsichtig sein, immerhin war Beckstein auf der Anti-NPD-Demo in Nürnberg und wurde dort von den "Linken und autonomen Gruppen" mit Flaschen beworfen. Der Ministerpräsident hat zwar ein kleines Glaubwürdigkeitsproblem bei diesen Leuten, aber er bemüht sich. Ich glaub übrigens nicht, dass Beckstein mit den Rechten sympathisiert. Es ist schlimmer, er sieht einfach nicht, dass seine ganzen Bemühungen, die Freiheit auch der Rechten einzuschränken, den Extremen alle Mittel an die Hand geben, die sie brauchen, falls sie mal eine Wahl gewinnen. Wenn man z.B. die Versammlungsfreiheit praktisch ins Ermessen der Polizei stellt, muss der nächste Diktator einfach nur den Polizeichef auswechseln und hat ein Versammlungsrecht ganz nach seinem Geschmack. Sunday, 27. April 2008Bayerisches Ermächtigungsgesetz
Vor 75 Jahren, am 29. April 1933 hat sich der Bayerische Landtag der Weimarer Republik das letzte Mal getroffen. Ich hab mir mal das Protokoll der letzten Sitzung angeschaut und fands schön, dass wenigstens die SPD noch eine paar Wochen gegen die Nazis angeredet hat. Ich glaube, die Sozis hatten mal Charakter...
Eigentlich gabs ja nicht mehr viel zu tun für den Landtag. In Berlin sass die NSDAP fest im Sattel, München war seit Anfang März fest in der Hand der Nazis und der Politischen Polizei des neuen Polizeipräsidenten Heinrich Himmler. Die Kommunisten waren alle schon in Dachau. Die NSDAP-Landesregierung des Ministerpräsidenten Siebert hatte, selbst wenn sie gewollt hätte, nichts zu sagen, die Exekutive lag beim von Berlin eingesetzten Reichsstatthalter Franz Ritter von Epp. Trotzdem musste natürlich alles nach rechtstaatlichen Regeln abgehen, so eine Diktatur muss ja schliesslich mit 2/3-Mehrheit beschlossen werden. Man hat also nach dem Vorbild des Reichsgesetzes sein eigenes Ermächtigungsgesetz geschrieben. Kurz gefasst hat das Gesetz der Landesregierung alle gesetzgeberische Gewalt gegeben, ausdrücklich auch für Gesetze, die der Verfassung widersprechen. Es gab nur eine Einschränkung: Die Institution des Landtags durfte nicht angetastet werden. Eine Einberufung zu Sitzungen wurde aber nicht gefordert, Abgeordneter war in der Zeit danach ein echt leichter Job. Nach einer ziemlich devoten Eröffnungsrede des Präsidenten Herrmann Esser durfte der Redner der Bayerischen Volkspartei seinen Vortrag halten. Josef Müller, später besser bekannt als "Ochsensepp" und Gründer der CSU nach dem 2. Weltkrieg war zwar nicht so ganz begeistert von dem neuen Gesetz, aber wenn die christliche Kultur, die Bauernverbände und die Stellung der Berufsbeamten unangetastet blieb, war ihm wohl jede Diktatur recht. Denn: Die Bayerische Volkspartei ist eine Partei des nationalen Gedankens. Sie hat gerade deshalb vom ersten Tag der Revolution des Jahres 1918 an und in vorderster Linie sich gegen die Zersetzung des Volkslebens durch die Revolution gewendet und dagegen gekämpft. Sie kann darauf verweisen, daß es immer ihr Ziel gewesen ist, die Staatsgewalt auf den nationalen Kräften des Volkes aufzubauen. Sie hat auch immer den Kampf gegen den materialistischen Liberalismus und Sozialismus geführt. [...] Der nächste Redner war Albert Roßhaupter von der SPD. Dessen Rede hat mich wirklich beeindruckt, zumal ich seinen Namen bisher ja nur als Strassennname kannte und mich ein bisschen dafür schäme. Ein leicht distanziertes Verhältnis zur Linken war übrigens schon damals spürbar... [Es] befinden sich hunderte unserer Anhänger noch in Schutzhaft. Darunter sind viele Männer, die sich als Kriegsteilnehmer, Kreigsbeschädigte und Vorkämpfer gegen Bolschewismus und Separatismus die höchsten Verdienste um Volk und Vaterland erworben haben. Wir halten die Wiederherstellung der staatsbürgerlichen Freiheiten für eine absolute Notwendigkeit. Unsere Partei hat 70 Jahre lang für die wirtschaftliche Hebung des Arbeiterstandes und für die auch in der Regierungserklärung geforderte Eingliederung des Arbeiters in die Volksgemeinschaft gekämpft. Eine Partei mit dieser Vergangenheit kann man mit Zwangsgewalt vorübergehend unterdrücken, man darf aber von ihren überzeugten Anhängern nicht erwarten, daß sie feige ihre Fahne verraten. Wir fordern daher von jedem Regierungssystem die Achtung vor jeder ehrlichen Überzeugung. Das politische Schlachtenglück wechselt. Unvergänglich sind allein die großen Ideen, die sich die Menschheit in jahrtausendealten Erfahrungen geschaffen hat, in denen sie die Bürgen für den Kulturfortschritt der Völker erblickt. Zu diesen Ideen gehören staatsbürgerliche Freiheit und gleichmäßige Gerechtigkeit. Kein Volk, am wenigsten das deutsche, kann sich von diesen Leitsternen lossagen, ohne schweren Schaden zu nehmen. Wir wünschen und erwarten, daß sich auch die gegenwärtige Bayerische Staatsregierung dieser Erkenntnis nicht verschließt und dann der Erkenntnis die notwendige befreiende Tat folgen läßt. Rudolf Buttmann von der NSDAP drückte gleich zur Begrüssung recht deutlich aus, was die Nazis von diesem parlamentarischen Geplänkel hielten: Liebe Voksgenossen! Ich weiß mich mit dem ganzen Volke eins, wenn ich sage: In diesem Hause und sonst in Deutschland sind der Worte nun genug gewechselt. Die Abstimmung endet mit 84 "Ja" und 16 "Nein"-Stimmen. Das Protokoll schliesst mit den Worten des Präsidenten: Ich entlasse Sie bis auf weiteres und würde bitten, mir die Zustimmung dazu zu erteilen, daß ich den Bayerischen Landtag je nach Vorlage von Anträgen beziehungsweise von Vorhandensein von Notwenigkeiten wieder zusammenrufe. [...] Die Notwendigkeit einer Sitzung ergab sich die nächsten tausend Jahre nicht mehr... Sunday, 13. April 2008Ästhetik
Ich glaube, sie reden einfach aneinander vorbei...
Wenn unser Ministerpräsident die Spieleentwickler motivieren will, sagt er zur Eröffnung des Kongresses "Munich Gaming": Als Standort für die Entwicklung und Produktion pädagogisch wertvoller, qualitativ hochwertiger und ästhetisch und inhaltlich anspruchsvoller Spiele hat Bayern große Chancen. Und wenn Spielentwickler Werbung für ihr neues Spiel machen, sagen sie Die Entwickler legen übrigens auch Wert darauf, dass man in Warhammer Online besonders effektvoll rauben und brandschatzen kann - wer mag, zerstört nach Herzenslust Haustüren, schlägt Fenster ein und legt Feuer in der Bank. Vermutlich ist es die unterschiedliche Begrifflichkeit von "Ästhetik" und "inhaltlich anspruchsvoll", was die Leute trennt. Obwohl ja auch Beckstein eigentlich Killerspiele in real live schon lustig findet...
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