Wednesday, 3. November 2010GeodatenschutzWoran liegts nur, dass unsere Politiker so gerne auf Streetview schimpfen, und dabei das Wort "Geodaten" verwenden? Mir fällt ja fast kein Beispiel ein, wo Geodaten irgendwie schützenswert sind. Ich hab Angst, dass es immer schwieriger wird, ganz alltägliche Daten zu erheben oder Städte zu knipsen, blos weil das irgendwas geographisches an sich hat und plötzlich unter den Schutz der Bürger vor Fassadenspannern fällt. Mal ein Beispiel: Das da links sind "Geodaten". Rechts daneben befindet sich oben eine mögliche Darstellung dieser Daten und darunter das Bild einer Hausfassade:
Es wäre berechtigt, wenn die Bewohner dieses Hauses oder deren Nachbarn nicht möchten, dass ihr Haus im Internet gezeigt wird und darauf hingewiesen wird, dass sie in einem derart prächtigen Haus wohnen. Oder zu welchem Zweck sie das Gebäude nutzen. Ob das allein für die Fotografie der Fassade von der Strasse aus gilt, darüber kann man streiten. Das ändert aber nichts an den Geodaten zu diesem Haus als Verkehrshindernis und Orientierungspunkt. Ein Stadtplan würde selbst gegen den Willen der Bewohner die Grenze zwischen Haus und Verkehrsfläche irgendwie einzeichnen um nicht versehentlich Fussgänger und Radler über die scheinbar unbebaute Fläche zu führen. Noch ein Beispiel: Wieder links Geodaten, rechts eine mögliche Darstellung derselben und darunter das Bild eines markanten Punktes der mittels solcher Daten lokalisiert werden kann:
Es ist möglich, dass der Mensch mit dem GPS-Gerät in der Tasche nicht möchte, dass jeder weiss, wo er am 16.10. um 10:04 GMT war. Oder dass er überhaupt jemals in der Gegend um 47.6 Nord 11.6 Ost war. Oder dass er zwei Stunden für 890 Höhenmeter braucht und dann eine Pause einlegen muss. Das ist sein gutes Recht und diesen Personenbezug und die Details dieser Wanderung geheim zu halten wäre Datenschutz. Die Information, dass bei 47.65278 Nord 11.64361 Ost ein 1601 Meter hoher Grasbuckel mit Kreuz steht, ist ein typisches nicht schützenswertes Geodatum. Das geheim zu halten wäre kein Datenschutz. Das wird aber sicher auch bald geschützt, wenn dauernd die Begriffe "Geodaten", "Bild von deinem Haus im Internet" und "Personenbezogene Daten" vermischt werden, weil man glaubt, das käme beim Volk grad leicht verständlich an. (Die Karte, der Grundriss und die Daten zur Theatinerkirche sind von Openstreetmap unter cc-by-sa-Lizenz) Tuesday, 2. November 2010Päckchen für den KanzlerDass nahöstliche Terrorgruppen unserem Kanzleramt Bomben per Post schicken hat übrigens Tradition. Früher ging man allerdings im Interesse guter internationaler Beziehungen viel diskreter damit um, selbst wenn ein Polizist beim Aufmachen starb. Aus dem mutmasslichen damaligen Drahtzieher mit seinem auch sonst gerne ausgelebten Hang zu Sprengstoffattentaten wurde später ein allseits geachteter Friedensnobelpreisträger. Es besteht also Hoffnung, dass sich die Terroristen ändern... Monday, 1. November 2010HerbstlichtFriday, 29. October 2010Frenetisches rhythmisches KlatschenBei billigen Shows gabs früher ein Applausometer und gewonnen hat, wer lautere Fans hatte. Ich glaube, bei CSU-Parteitagen wird auch auf diese Weise der Gewinner ermittelt. Nur etwas ausgefeilter, gute Journalisten ermittelt die Zustimmung nicht nur aus Lautstärke und Dauer, sondern berücksichtigten auch Leidenschaftlichkeit, Nachdenklichkeit, Rhytmus und Frenetik. Hoffentlich wussten das auch die Delegierten.
OhrzeugungIch war ein paar Tage in Würzburg. Als touristisches Rahmenprogramm zur Arbeit gabs eine Nachtwächterführung, die ich eigentlich ganz lustig fand. Eher anekdotisch als faktenreich, aber von den Führungen der Art "und wenn Sie sich links aus dem Fenster lehnen sehen sie die 1456 von Herzog Johann dem Unbekannten gestiftete spätgotische Kirche des heiligen Sowieso mit dem beeindruckenden Triptychon des Meister Irgendwer" bleibt ja bei mir eh nichts hängen.
Zu jeder ordentlichen alten Religion gehört ja, dass die Gottheiten möglichst schon ein bisschen bizarr auf die Welt kommen. Die einen wachsen nach Verzehr der schwangeren Mutter im Kopf oder nach deren Verbrennung im Schenkel ihres Vaters heran, andere werden von der Mutter getöpfert und die eher gemässigt spektakulären Götter von Jungfrauen geboren. Sowas macht die Story schon am Anfang einfach interessanter. Blöd ist nur, dass sich danach jahrhundertelang die geistige Elite einer Kultur damit beschäftigt, wie sowas rein anatomisch abläuft. Die könnten natürlich auch einfach an das Wunder glauben und basta. Geht aber schlecht, weil dauernd die einfachen Gläubigen und die Kinder fragen, wie das funktioniert. Oder man tuts als phantasievolle Story ab, aber das geht auch nicht: Wer nichtmal das zentrale Credo ohne Widerspruch aufsagen kann, fliegt aus dem meissten Religionen schnell raus und kann sich eigentlich nur noch damit retten, dass er auch an die Verdamnis nicht mehr glaubt. Und so werden dann fast noch bizarrere Geschichten ausgedacht, wie zum Beispiel eine Zeugung durch das Ohr. Hat natürlich schon auch ihren Sinn, wenn man innerhalb des theologischen Denkens bleibt: Gott wirkt durch das Wort Gottes und zur Aufnahme desselben eignet sich das Ohr besonders gut. Und damit sich der einfache Gläubige das vorstellen kann, schmückt man die Kirchenportale mit recht eingängigen Darstellungen diese Vorgangs: Der schon recht weit entwickelte Fötus rutscht auf einer schlauchartigen Sprechblase, die im unteren Teil als Heiliger Geist in Taubenform endet, direkt ins Ohr der Muttergottes. So bleibt die Jungfrau unbefleckt und niemand kommt auf dumme oder womöglich sündig erotische Gedanken bei dieser Art der Zeugung. Warum vor ihr noch ein Erzengel kniet, der nichtmal das Ave Maria ohne Spickschriftrolle aufsagen kann, weiss ich nicht. Vermutlich sollte irgendwo in diesem gotischen Comic noch der Begriff "Verkündung" verdeutlicht und ein bisschen Ähnlichkeit zum Evangelium untergebracht werden. (Bilder vom Tympanon des Nordportals der Marienkapelle in Würzburg, sorry für den Maschendraht davor, aber die dortigen Tauben sind wohl keine Heiligen Geister mehr)
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