Tuesday, 21. October 2008Teure Vorratsdatenspeicherung
so wie es aussieht, muss BT Germany die Vorratsdatenspeicherung nicht durchführen, weil es für sie zu teuer wird. Schonmal ein guter Ansatz...
Ich frag mich sowieso, wie die anderen eigentlich speichern wollen. Verpflichtet sind sie ja streng genommen auch jetzt schon, nur Bussgeld ist erst ab 1.1.09 fällig. Bisher, ca. 50 Werktage vor Silvester, ist allerdings keine "Technische Richtlinie" zur Datenspeicherung erschienen. Ohne die wissen wir gerade mal, dass die Zuordnung (Kunde, IP-Adresse, Zeit) bei Einwahlprovidern und (Client-IP, Zeit) bei Proxies und Anonymisieren gespeichert werden soll. In einem Anfall von Detailverliebtheit hat der Gesetzgeber noch "Zeitzone" ins Gesetz geschrieben, das wars aber schon. Alles andere, also z.B. die Frage nach dem Format der Speicherung, der Anfragen und der Übermittlung, Verschlüsselungsvorschriften, Zugriffsberechtigungen, Vorschriften zur Lagerung der Datenträger, Haftung bei versehentlicher Beschädigung dieser Daten, ist bisher völlig ungeklärt und wird "Anfang 2009" vermutlich nachgereicht. Bis dahin wird anscheinend irgendwas gespeichert, um dem Gesetz zu genügen. Mir solls recht sein, je verworrener die Daten und je länger die Wege, desto sinnloser wird die Veranstaltung, aber ich wundere mich, dass nicht mehr Provider auf die Barrikaden gehen. Bei den Tor-Betreibern wird auch gerade fleissig diskutiert, wie man mit der Speicherpflicht umgehen soll. Im wesentlichen gibts zwei Meinungen
Die erste Meinung ist natürlich mutig, aber eben auch riskant. Der zweiten Meinung könnte ich mich anschliessen. Wie gross der Müllberg ist, kann ich aber nicht abschätzen, es könnte schon allein am Plattenplatz scheitern und am (dank fehlender Richtlinie) nicht abschätzbaren organisatorischem Aufwand. Ich fürchte aber, dass dieses Vorgehen international nicht so richtig auf Zustimmung stossen wird. Das bisherige Paradigma "Ein Tor-Node loggt nicht!" hat schon seinen Reiz und ist vielleicht mehr wert als der deutsche Teil des Tor-Netzwerks, das immerhin im Moment 30% des ganzen Netzes ausmacht. Bleibt die Frage, was man mit deutschen Nodes macht...
Abschalten wäre teuer. Runterstufen wäre ok. Die Frage ob ein Server loggen muss, der nicht als exit-node den sichtbaren Ausgang aus dem Tor-Netz bildet, ist allerdings ungeklärt. Bestimmt wird er seltener in die Verlegenheit kommen, seine Logs herzuzeigen, vor allem wenn der vorgelagerte Exit nichts geloggt hat, aber wirkliche Sicherheit dafür gibt es nicht. Loggende Server runterstufen oder markieren würde die "Tor loggt nicht!"-Regel verletzen. Aus meiner Sicht könnte man dagegen verstossen, aber ich wüsste auch nicht so recht, wie ich das den Nutzern verkaufen sollte. Das Argument "Bisher musstest Du auch davon ausgehen, dass von den Nodes ein paar Deinen Verkehr mitgeschnitten haben" ist gut, aber die Spanner hatten bisher selten zentrale Datensammelstellen bei den Behörden. Ich muss noch bisschen drüber nachdenken, aber vermutlich schalte ich meinen Node ab. Mit seinen 70GB im Monat gehört er eh zu den Winzlingen im Netz, exit-node war er eh fast nie und meinen Provider wirds freuen, einen Kunden weniger zu haben, der sein Tarifvolumen fast ausreizt. Als Alternative zu privat betriebenen Nodes bietet sich übrigens die Spende an einen Verein an, der sowas betreibt. Die "German Privacy Foundation" hätte sowas, der CCC auch. Monday, 6. October 2008Wirtschaftsminister Goppel
Ich glaube ja, mit seiner Bewerbung für das Ministerpräsidentenamt wird das nichts. Anscheinend sind die Leistungen unseres Ministers für "Wissenschaft, Forschung und Kunst" bisher selbst den Redaktionen angesehener Online-Blätter völlig entgangen. Kein Schwein kennt ihn und sein Ministerium.
Zumindest zeigt eine Suche nach "Wirtschaftsminister Goppel" totale Verwirrung über seine derzeitigen Aufgaben. Ich könnte schwören, dass ich das gestern noch beim Spiegel-Online auch gesehen hab, heute allerdings finde ich es nur noch im Google-Index.
Aber auch der Stern weiss nichts über sein Amt und wechselt zwischen Text und Bildunterschrift lustig die Ministerien. Das entwertet den Artikel natürlich ein bisschen. Wer einerseits so tut, als ob er über profundes Wissen über die geheimen Kräfte innerhalb der CSU verfügt, sollte beim Korrekturlesen wenigstens das offensichtliche Nichtwissen ausbessern, den Rest kann eh keiner überprüfen.
Ansonsten freut sich der Burda-Verlag über die Teilnahme seines Chefs am Hochschulrat der LMU und über die Uhr die der Wiminister ihm zum Abschied schenkt. Die Regionalausgabe von TVaktuell wechselt das Amt zwischen Überschrift und Text. Die Stiftung Denkmalschutz kreiert ein "Ministerium für Kultur und Wirtschaft". Die Netzzeitung hält ihn ebenfalls für den Verwalter der bayerischen Wirtschaft und selbst eine Ortsgruppe der Jungen Union weiss nicht recht, was sie da als Redner fürs Feuerwehrfest eingeladen haben. In der Wikipedia steckte der Wirtschaftsminister auch noch drin, allerdings nur in den üblicherweise nicht sichtbaren Metadaten namens "Personendaten". Das ist natürlich alles nicht schlimm, aber für eine profilierte Leistung als Wissenschaftsminister spricht das nicht (ausser bei den Studenten, die erinnern sich vermutlich bei jeder Überweisung der Studiengebühren an ihn). Die anderen zwei habens aber auch leichter. Auf "Innenminister" stabreimt sich nichts und den Seehofer halten eh noch alle für den Bundesgesundheitsminister. Sunday, 5. October 2008flexible Koalitionen
Wenn ich mir die Kommentare zum Bauerntheater unserer zukünfigen Landesväter so ansehe, glaub ich, die Leute haben irgendwie den historischen Weitblick verloren. Keiner kann sich daran erinnern, dass es durchaus mal eine äusserst flexible CSU gab, die mit einem Parlament voller Kleinparteien zurechtkam. Dass es mal Zeiten gab, in denen die "Volksparteien" nicht wie selbstverständlich zusammen 70% der Wähler hinter sich hatten, sogar Viererkoalitionen gegen die CSU möglich waren. Und ein Parlament, das aus mehr als vier Fraktionen besteht war mal was ganz normales, ohne dass man diese Zersplitterung als Gefahr sah.
(alle Kabinette gibts bei der Staatsregierung aufgelistet) Aus dieser Vielzahl von Kombinationen könnte man doch heute noch was auswählen, historische Ansprüche kann man jedenfalls beliebig viele herleiten. Auf den "Wählerwillen" haben sich sicher auch sämtliche Ministerpräsidenten berufen. Was mir noch auffällt in der Politik der 50er und 60er-Jahre:
Eine interessante Online-Quelle für bayerische Politik der Nachkriegszeit ist übrigens die Homepage von Hildegard Kronawitter. Die ehemalige Landtagsabgeordnete hat ein paar ihrer Aufsätze online gestellt. Viel aktuelle Politik, aber eben auch historisch Wissenswertes aus der Münchner und der bayerischen SPD-Politik. Aus ihrem Hoegner-Aufsatz stammt auch die CIA-Geschichte und der "antifaschistische Block" aus CSU, SPD und KPD. Thursday, 25. September 2008SPD klagt gegen Landestrojaner
Ich hab mir mal die Verfassungsbeschwerde der bayerischen SPD (bzw. vier ihrer Abgeordneten) angesehen. Im Prinzip das was seit der Ankündigung im Juli zu erwarten war. Kein Infragestellen der Heimlichkeit dieser Durchsuchung, die ja bei real live-Durchsuchungen immer als ganz schrecklich galt, stattdessen ein paar Detailfragen, etwa dass die Wohnung zur Installation betreten werden muss und dass der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung nicht klar genug geregelt ist. Wobei mir ja auch nicht klar ist, was dieser Kern sein soll... Bettgestöhne, ein Gespräch über das zukünftige gemeinsame Leben, Klagen über den momentanen Gesundheitszustand?
Die SPD hats aber auch nicht leicht mit der Computerüberwachung durch den rechten Rand des Parlaments. Schliesslich hat der bayerische SPD-Mann Schily den Bundestrojaner eingeführt und seine treuen Genossen Wiefelspütz, Zypries und Ziercke verteidigen das Schnüffeln immer noch fleissig. Da lässt sich kaum was gegen die Union sagen, die sich eigentlich erst dadurch mit Verfassungsbeschwerden angreifbar macht, dass sie ihre Viren jetzt neuerdings legal installieren will, statt wie das Innenministerium der alten Regierung das Zeug einfach rechtswidrig einzusetzen. Obwohl die SPD eine ganze Menge Punkte gefunden hat, wo dieses Landesgesetz über die vom Verfassungsgericht vorgegebenen Grenzen hinausgeht (oder daneben vorbei...), ist das Innenministerium zuversichtlich: "Wir orientieren uns mit unseren Gesetzen zur Online-Datenerhebung sowohl im Polizeiaufgabengesetz als auch im Verfassungsschutzgesetz strikt an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts." Das stimmt natürlich nicht ganz. Die Frage, ob Behörden Daten ihrer Bürger einfach ändern dürfen (in Bayern erlaubt, sogar präventiv), stand beim BVerfG zum Beispiel nicht zur Diskussion, nicht mal spekulativ, so weit reichte die Vorstellungskraft der Richter vielleicht auch nicht. Selbst die Änderung durch die Installation selbst fanden sie schon grenzwertig. Aber der Satz klingt einfach gut, ebenso wie der fleissige Hinweis auf Terroristen. Eine Online-Datenerhebung darf nur in wenigen Ausnahmefällen bei einer Person angeordnet werden, bei der Hinweise z.B. auf die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorliegen. Abgesehn davon, dass man heutzutage recht schnell so einer Organisation angehört, wenn man was falsches schreibt hätte Herr Hermann auch "Eingriff in der Eisenbahnverkehr" als Beispiel nehmen können. Jahrelang ein Dauerbrenner bei der Durchsetzung der Castortransporte und ebenfalls ein Tatbestand der den Landestrojaner erlaubt. Aber ich bin ja schon froh, wenn er wenigstens nur Terroristen nennt, seine Justizkollegin hätte der Gelegenheit nicht widerstehen können, "Kinderpornos" unterzubringen. Mit dem Hinweis auf die ungewöhnliche Regsamkeit der SPD in Wahlkampfzeiten hat Herrmann natürlich recht, aber schliesslich gibt es kein Klageverbot gegen die Gesetze im letzten Vierteljahr einer Legislaturperiode. Und 3 Monate zur Klagevorbereitzung ist ja auch nicht übertrieben, Staatsanwaltschaften brauchen selbst für einfache Verfahren oft länger. Ausserdem ist es auch gar nicht mehr gross nötig den Überwachungsstaat der CSU im Wahlkampf an die Wand zu malen. Er hängt dort nämlich schon. Fast sämtliche kleineren Parteien haben ein paar Plakate gegen Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und Landestrojaner geklebt. Find ich ganz gut. Selbst wenns unkonkret bleibt, das Gefühl "Der Staat wanzt sich irgendwie in meinen Computer rein und will mir nachspionieren" trägt langfristig zur Sensibilität in Bürgerrechtsfragen bei. Tuesday, 23. September 2008GPS-Tracks in Openlayers
Ich bin immer noch begeisterter Bastler mit OpenStreetMap und deren üblicher Programmierschnittstelle Openlayers. Ich finde die Idee wirklich toll, eine API (Programmierschnittstelle, application programming interface) anzubieten, über die der Programmierer dann sämtliche Kartendienste einbinden kann. Openlayers wird zwar meistens als Schnittstelle zu den frei verwendbaren Karten und Geodaten gehandelt (zumindest hab ich so davon erfahren und zunächst gedacht, das wäre es ausschliesslich), aber eigentlich ist es die API für alle möglichen Kartendienste. Schön ist auch, dass bei Openlayers anscheinend eine grosse und fähige Gemeinde von Programmierern und Anwendern zusammengefunden hat, die nützliche Dinge recht schnell in ihr Projekt einbauen.
So kann man neben den freien Karten auch die Landkarten von der NASA, Google oder Yahoo auf seiner Homepage anbieten, ohne die Schnittstellen neu zu programmieren. Man kann auch Karten bereitstellen, bei denen der Betrachter dann zum Beispiel zwischen der Strassenkarte von OSM und dem Luftbild von Google umschalten kann. Für Interessierte gibts hier ein Beispiel, wie ein GPS-Track im weit verbreiteten GPX-Format, den ich am Wochenende aufgezeichnet hab, über verschiedenen Karten dargestellt wird. Dazu noch ein paar sinnlose Popups mit Streckendaten. Das macht das ganze ein bisschen überladen, aber ich brauche das in Zukunft als Quelle für Copy&Paste. Deshalb ist der Quelltext für meine Verhältnisse auch ungemein reichhaltig kommentiert. Bei Diensten, die ich für andere anbiete werde ich allerdings nicht so viel Umschalterei zwischen dem Kartenmaterial einbauen. Da bin ich froh, mit OSM etwas gefunden zu haben, was man ohne grosse Einschränkung kopieren und weitergeben kann und will die Leute da lieber nicht mit wechselnden Nutzungsrechten beim Umschalten verwirren. Weitere Tracks sollte ich aber lieber nicht ins Internet stellen. Wer weiss, eines Tages könnte es Strafzettel für veröffentlichte Aufzeichnungen des Navigationsgerätes geben. Die im Bild oben dargestellte Geschwindigkeitsunterschreitung mitten auf der Autobahn sagt allerdings mehr über den beklagenswerten Zustand der A8 zwischen München und Augsburg aus als über meine Fahrweise. (Karte von OpenStreetMap, unter dieser Lizenz)
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