Thursday, 28. May 2009Mit AugenmassUnsere Justizministerin Merk hat sich auch die Expertenanhörung im Bundestag angesehen und ist nach wie vor überzeugt vom Konzept unserer Familien- Justiz- und WirtschaftsministerInnen, unerwünschte Inhalte im Internet hinter einem Sichtschutz zu verstecken. Das Gesetz stelle einen
Ich will zu ihren Gunsten annehmen, dass sie etwas völlig anderes meint, als sie da schreibt, aber so stehts in ihrer Pressemitteilung. Zur Frage der Auswertung der Logfiles des Stoppschildservers ist sie wie ihre Bundeskollegin der Ansicht, man könne die Daten aufgrund richterlicher Anordnung erheben. Eine Sicht der Dinge, die mir technisch und zum Beispiel dem Bundesdatenschutzbeauftragten rechtlich eher suspekt ist. Aber wir müssen uns keine Sorgen machen, denn
Ich denke, ich bleibe da lieber bei meinem eigenen DNS-Server, solange der Betrieb subversiver Nameserver nicht verboten wird, alternativ können sie mir ja gerne ihre Sperrliste schicken, dann bau ich die ein. Es wäre sowieso gerechter, damit nicht nur Grossprovider zu belasten, sondern auch Kunden von Kleinbetrieben, Kinderpornoliebhaber im öffentlichen Dienst und Studenten zu schützen. Auf das Augenmass der Untergebenen von Frau Merk und Herrn Herrmann möchte ich mich jedenfalls nicht verlassen. Wie sie anhand ihrer Logfiles echte kriminelle Abnehmer finden wollen, ist mir auch schleierhaft, aber vermutlich erkennt die Ministerin auch professionelle Einbrecher daran, dass sie besonders oft Alarmanlagen auslösen. Die Online-Petition gegen die Zensurpläne hat übrigens heute Nacht die 100000-Mitzeichner-Marke geschafft. Ein paar Donald Ducks müssen wir streichen, acht "asd"'s und die beiden "ddwdw, dwdwdwd" aus Thüringen. Aber auch wenn man die geistig zurückgebliebenen Spassmacher wegrechnet bleibt eine ganze Menge Leute übrig, auch wenn 0.16% der Wahlberechtigten nicht weiter beachtenswert sind für den Machterhalt bei der Bundestagswahl.
Wednesday, 27. May 2009PeterskarteFür meine thematischen Karten hab ich mich ein bisschen mit Projektionen beschäftigt. Ich will ja Karten anbieten, die sowohl als Weltkarten taugen als auch kleinere Regionen hübsch abbilden. Also muss ich mindestens irgendwas einfaches und schnell zu berechnendes haben (eine Plattkarte, da kann jeder Drittklässler ohne Taschenrechner Koordinaten auf ein kariertes Papier malen, das kann also selbst dieser Server in anständiger Zeit), irgendwas möglichst unverzerrtes für kleine Regionen ("Simple Mercator" nach Google-Art, weil Google ist Standard) und irgendwas ansehnliches für Weltkarten, vielleicht mal was mit ovaler Erde (Robinson, da hab ich zufällig schneller die Daten gefunden als für die anderen ähnlich aussehenden). Und weil ich grad am suchen nach Abbildungsvorschriften war, hab ich noch die Peters-Projektion eingebaut, das ist die Karte da rechts oben. Die Karte finde ich zwar hässlich, aber die Idee dahinter finde ich schon irgendwie bemerkenswert, und die Geschichte interessant: Arno Peters war Historiker, der sich daran gestört hat, dass die reichen Gesellschaften Europas und Nordamerikas so arrogant auf den Rest der Welt herabblicken. Als Mitursache dieser Haltung hat er die schlichte Gewöhnung an dieses Weltbild angesehen. Wir werden in der Schule fast ausschliesslich über Kulturleistung unserer europäischen Vorfahren unterrichtet, bestenfalls in der Antike tragen auch Ägypter und Mesopotamier ein wenig dazu bei. Ostasien wird vor Marco Polo praktisch nicht erwähnt, die Ming-Dynastie kennen wir nur als Schöpfer sauteurer Vasen. Dieser Fehlleistung unserer Geschichtslehrpläne hat er versucht, durch eine eigene Weltgeschichte gegenzusteuern. Bei den Weltkarten hat er die Mercatorkarte als Auslöser ausgemacht. Die Mercatorkarte zeichnet sich dadurch aus, dass sie in kleinen Bereichen die Form eines Gebietes recht gut darstellt. Und das nicht nur auf einem schmalen Streifen z.B. rund um den Äquator, sondern überall auf der Welt. Der Preis dieser schönen kleinräumigen Abbildung ist eine starke Verzerrung im Grossen. Die polnahen Länder werden stark vergrössert, die Länder am Äquator wirken im Vergleich verkleinert. Das betrifft vor allem die Nordhalbkugel, weil dort weiter oben noch Land ist (Helsinki liegt bei 60° Nord, Kapstadt auf 33° Süd, Melbourne bei 37°). Ausserdem schneiden Kartenzeichner die Welt gerne unten bei 60° Süd ab, da kommt nämlich nur noch die Antarktis als unansehlicher weisser Balken am Kartenrand, während sie im Norden bis zur Nordspitze Grönlands bei 83° gehen. Damit rückt die Nordhalbkugel zusätzlich in den Mittelpunkt und bekommt 2/3 der Kartenfläche. Das ist alles nicht die Schuld Gerhard Mercators. Der Mann wusste schon im 16. Jahrhundert, dass seine Projektion für Weltkarten nichts taugt. Sein Ziel beim Kartenmachen war, die Seefahrt zu erleichtern. Das hat er auch geschafft, mit seiner Karte klappt ein Trick, der bis dahin nicht funktioniert hat: Man kann auf der Karte einen Strich vom momentanen Standort zum Zielhafen machen, die Richtung mit dem Geodreieck ablesen, bei der abgelesenen Gradzahl eine Kerbe in den Schiffskompass machen und dem Mann am Steuer einschärfen, dass er einfach immer das Schiff auf diesem Kurs halten muss. Falls man nicht seitlich abgetrieben wird, landet man so ohne gross rumzurechnen am Ziel. Die Berechnung der Entfernung ist komplizierter, aber dafür hatte man Tabellenbücher und ausserdem muss man die nicht dem nautisch ungeschulten Mann am Steuer erklären. Blöd war nur, dass sich diese Karte auch zur Darstellung der Erdkugel als Ganzes verbreitet hat. Ende der 60er Jahre war sie zum Beispiel das Hintergrundbild der Tagesschau und hing anscheinend auch in vielen Schulen an der Wand. Und so hat, meinte Peters, sich in den Köpfen der Menschen dieses Bild der Erde als das "richtige" eingeprägt. Das ist vielleicht übertrieben, aber irgendwie kann ich mir schon vorstellen, dass der Aussenpolitik der Bonner Republik ein wenig das Koordinatensystem verrutscht sein könnte, wenn die Diplomaten im Sitzungssaal dauernd unter einer monströs aufgeblasenen lauernd über Europa liegenden Sowjetunion tagen, während Südamerika eher klein auf Augenhöhe liegt. Als Gegenentwurf zu dieser Darstellung stellte Peters 1974 seine eigene Projektion vor. Er war der Ansicht, dass ein Land sich vor allem durch seine Fläche Geltung verschafft, und dass es eine Frage der Fairness sei, die Dritte Welt gegenüber den Industriestaaten karthografisch nicht zu benachteiligen. Es gab zwar schon vorher flächentreue Kartenentwürfe, aber die waren ihm entweder zu sehr in die Breite gezogen oder hatten eine ovale Form und konnten deshalb die Nord-Süd-Richtung nicht überall parallel zum Kartenrand zeichnen. Es gab sogar schon vor ihm seit 1855 eine gleichwertige Darstellung von James Gall, die allerdings inzwischen vergessen worden war. Ausserdem nutzte Peters die Gelegenheit, auch das 360-Grad-Netz durch ein dezimales zu ersetzen und die Datumsgrenze in die Beringstrasse zu verschieben. Seine Vorstellung war recht erfolgreich, endlich wurde die Dritte Welt fair behandelt und man konnte zum Beispiel den Vergleich der britischen Inseln mit den Besitzungen in Indien flächentreu darstellen. Südamerika war nicht mehr kleiner als Europa und die Russen wirkten nicht mehr so bedeutend im Vergleich zu den Problemen der Afrikaner. Die Karte wurde also schnell von allen möglichen Entwicklungshilfeorganisationen und Missionsgesellschaften übernommen, die UNICEF fungierte als Herausgeber eines "Petersatlas", der sämtliche Länder im gleichen Massstab abbildet und die Nord-Süd-Kommission verwendete diese Karte in ihrem Bericht. Die Diskussion um das richtige Bild wurde mit ziemlicher Schärfe geführt. Auf der einen Seite vermutete man linke Spinner, die aus ideologischen Gründen eine verzerrte Sicht auf die Welt durchsetzen wollten. Auf der anderen Seite sah man die rassistischen Anhänger des Kolonialismus, die unbedingt den Machtanspruch des weissen Mannes beim Kartenzeichnen dokumentieren wollten. Die Zuordnung zum Lager konnte man leicht an der Bezeichnung erkennen die für die Abbildung verwendet wurde, entweder "Peters-Projektion" oder "Galls orthographische Zylinderprojektion" oder als Kompromiss "Gall-Peters-Projektion". Die Diskussion ist dann irgendwann wieder eingeschlafen. Die Tagesschau bekam tatsächlich eine neue Hintergrundkarte (nicht die Peters, sondern irgendeine ovale) und die Schulbücher hatten eh schon kaum mehr die Mercatorprojektion für Weltkarten (mein Exemplar von 1937 z.B. nur zwei ganz kleine als thematische Karte für Klimazonen, der Rest ist oval, auf dem Umschlagbild mit der Verteilung der Deutschen auf der Welt steht auch die Projektion dabei:"Winkels Projektion"). Mich wundert allerdings, dass diese Diskussion nicht wieder aufflammt. Kaum jemand blättert heute noch in inzwischen gesäuberten Schulatlanten. Dafür nützt jeder irgendwelche Karten aus dem Internet. Und egal ob man dort die Karten von Google, von Microsoft oder von Openstreetmap nimmt, man trifft auf Mercatorkarten. Natürlich auch bei allen, die diese Karten weiterverwenden, der "ZDF-Geothek" zum Beispiel. Der Grund dafür ist einfach, die wollen keinen Wechsel der Projektion beim rein- und rauszoomen und lieber stellt man ein "gewohnt" übergrosses Grönland in der Weltansicht dar, als dass man auf Strassenkartenniveau Kreisverkehre in Helsinki eiförmig darstellt zugunsten runder in Buenos Aires. Nicht-rechteckige Abbildungen würden dort sowieso nicht funktionieren, weil die Karten in Kacheln organisiert sind, die im Browser lediglich aneinandergesetzt werden. Da kann man keine Unterschiede machen, ob die gewünschte Kachel gerade in der Mitte der Abbildung oder an deren Rand liegt, gekrümmte Kartenränder scheiden also aus. Erklärung für das Ausbleiben der Diskussion hab ich keine. Entweder sind die altlinken Erdkundelehrer inzwischen ausgestorben, oder sie schauen zumindest nicht ins Internet. Oder man hat eingesehen, dass die Manipulation durch die Medien mittels Hintergrundbilder doch nicht so gross ist, wie befürchtet. Vielleicht sind aber "Dritte-Welt-Themen" auch wieder völlig aus der Mode gekommen... Das Bild vom Sitzungssaal im Auswärtigen Amt stammt aus dem Bundesarchiv und steht bei der Wikipedia unter GNU FDL. Tuesday, 19. May 2009Malen nach ZahlenIch hab mir gedacht, wenn ich schon die shapefiles der neuen bunten Karten und Listen mit Ländercodes und eingedeutschten Ländernamen für den Geocounter rumliegen hab und auch schon für andere Dinge, wie z.B. die Verteilung der Tor-Server in der Welt verwende, kann ich auch gleich was nützliches draus bauen. Ich hab natürlich wie immer den Aufwand völlig unterschätzt, der zwischen "Ich hack ein paar Werte in eine Datenbank, fummel an einem Script rum und erzeuge eine Grafik" und "Ich lass fremde Leute ihre Werte und Lieblingsfarben in ein Formular eingeben und ihre eigenen Karten erstellen" liegt. Aber dank fleissiger Unterstützung meiner usability-consultants ist was halbwegs nutzbares rausgekommen. Falls also jemand Zahlen hat und thematische Landkarten braucht, um zum Beispiel die Ergebnisse des Armutsatlas 2009 des Paritätischen Wohlfahrtsverbands schön zu visualisieren, oder auch die Osterweiterung der NATO von 1949 bis 2009, kann sich jetzt seine Karten selber basteln. Das ganze funktioniert nur mit statistischen Werten, die man nach Staaten sortiert vorliegen hat, für andere geographische Einteilungen (Klima-, Vegetationszonen) fehlen mir einfach die Daten. Für Deutschland, Österreich und die Schweiz gibts auch Karten bis zur nächsten Verwaltungsebene der Bundesländer und Kantone. Zu erreichen ist die Kartenwerkstatt unter http://geo.dianacht.de/makemap/, man muss ein bisschen Geduld mitbringen, die Datenbank hier ist nicht so schnell. Als Exportformat stehen PNG für Bitmaps und SVG als Vektorgrafik zur Verfügung. Ich würde dafür allerdings die Beschriftung der Karte ausschalten. So richtig schön werden nämlich die automatischen Beschriftungen nicht plaziert, der anspruchsvolle Benutzer ist mit einer leeren Grafik zur nachträglichen Bearbeitung sicher besser bedient. Nachtrag: Ich hab mir neue Shapefiles besorgt. Jetzt langt die Namensnennung.
Geschrieben von Max
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Wednesday, 13. May 2009Fünf-Prozent-HürdeIch hab mal ein Diagramm für den taktischen Wahlkämpfer gebastelt. Aus dem kann man ablesen, wie hoch die bayerische Wahlbeteiligung sein muss, um bei z.B. knapp 44% Zustimmung der Wähler die 5%-Hürde im Bund zu reissen. Bei Europawahlen ist ja jede Partei auf sich allein gestellt und muss mit eigenen Stimmen diese Hürde schaffen. Das ist kein Problem z.B. bei den Grünen oder der SPD, die rechnen bundesweit ab. Bei der CSU ist das aber schon blöd, die muss alleine mit Stimmen aus ihrer Heimat zeigen dass sie mitspielen darf. Das Ablesen ist recht einfach. Wenn die Wahlbeteiligung im Bund z.B. bei 50% liegt, die in Bayern aber nur bei 35%, hätte man mit dem CSU-Ergebnis der letzten Landtagswahl verloren und wüsste wieder nicht, wohin mit der Europakandidatin Hohlmeier. Ein Ergebnis wie zur EU-Wahl 2004 hätte dagegen völlig gereicht. Wenn man die Wahlbeteiligung von 2004 als Grundlage nimmt, würden auch 36% für die CSU reichen. Die Gefahr ist realistisch, schliesslich sind Wahlbeteiligungen zu Europa eher gering. Da könnte es leicht sein, dass der bayerische Unionswähler lieber zum Baden fährt, während z.B. die Leute in den 7 Bundesländern mit gleichzeitiger Kommunalwahl schon zur Wahl gehen (und dort vielleicht sogar CDU wählen, aber halt nicht CSU). Ausserdem hat die CSU in den letzten zehn Jahren bei keiner Wahl an Stimmen zugelegt, das könnte ein Trend sein... Ich fürchte allerdings, es wird nicht bei 44% CSU-Wähler bleiben. Mancher Wähler wird sich vermutlich nicht mehr daran erinnern, dass er das letzte Mal das Kreuz bei den Freien Wählern gemacht hat. Vermutlich hat er auch vergessen, warum er das eigentlich getan hat und dass seine letztjährigen Favoriten immer noch im Landtag sitzen. Der eine oder andere wird sicher in seine traditionelle schwarze politische Heimat zurückkehren. Mir unterstellt der Wahlomat übrigens Nähe zu den Linken. Aber ich weiss nicht, ausser dem Vergleich von Wahlprogrammen gehören ja noch so Dinge wie "Die machen das nach der Wahl, was sie vorher versprechen" oder "Die können das" oder "Die haben das Personal dazu" auch zur Entscheidung. Andererseits sieht man ja, zu was unsere letzte Wahl geführt hat, vieleicht nehm ich dieses Mal mal die 2. Wahl des Wahlomaten. Tuesday, 12. May 2009Landestrojaner muss durchs KabelSo richtig toll konnte sich die FDP als neuer Koallitionspartner der Staatspartei bei der Online-Durchsuchung nicht profilieren. Nur ein Kritikpunkt bei unserem Landestrojaner wurde beseitigt:
Ausserdem soll in der neuen Fassung, die demnächst ins Parlament kommen soll, ein grösseres Richtergremium die Anordnung unterschreiben (ausser in Eilfällen, da darfs jeder Polizeipräsident oder Geheimdienstchef). Ein bisschen was ist damit schon gewonnen, immerhin müssen die Spione sich Mühe geben und was schönes programmieren, statt einfach einzubrechen und einen Keylogger anzustecken. Und man läuft nicht Gefahr, dass die Ordnungshüter mehr rumschnüffeln als sie dürfen, wenn sie schonmal heimlich im Wohnzimmer stehen. Ich stells mir ja schon schwer vor, sich da diszipliniert auf den einzig erlaubten Gegenstand in der Wohnung, nämlich den Computer zu konzentrieren... Die weiteren fragwürdigen Punkte unseres bayerischen Schadprogramms (präventive Veränderung von Daten, schwache Abgrenzung des privaten Bereichs) wird man halt wider in Karlsruhe klären lassen müssen, die SPD hat ja da noch eine Vorlage vom letzten Mal.
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