Die Studie des Verbraucherministeriums zu googelnden Personalern wird momentan gerne aufgegriffen und durchwegs warnend wiedergegeben. SZ und Merkur haben sogar das identische Titelbild mit einem fröhlichen jungen Mann mit Trichter im Mund bei dpa ausgegraben. Vermutlich wird das als typisches Partybild empfunden.
Dabei kann man da auch schön sehen, dass ein bisschen Internetpräsenz durchaus positiv sein kann. Vor allem wenn man in der Branche "Informationstechnologie / Neue Technololgie" arbeiten will. Diese Arbeitgeber beurteilen das nämlich deutlich anders als ihre Kollegen in Industrie, Handel und Handwerk:
- Nur 21% der IT-Arbeitgeber recherchieren überhaupt im Netz (Schnitt: 28%).
- 60% der IT-Arbeitgeber, die kein Internet zur Auswahl nutzen, tun das wegen "Man weiss nie wo diese Informationen herkommen und wie zuverlässig sie sind" (Schnitt: 36%). Ausserdem liegen sie mit der Begründung "Zu grosser Aufwand" (40%, Schnitt 35%) an der Spitze. Die grössten Skrupel wegen der Persönlichkeitsrechte des Bewerbers und des betrieblichen Vertrauensverhältnisses hat allerdings die Industrie mit 41% (Schnitt 35%, IT 33%)
- 75% finden, dass ein Bewerber gerade durch seine Internetpräsenz interessanter wird, keiner davon lehnt jemanden deshalb ab (Schnitt: 25% Ablehnung, 56% "wird interessanter", 14% "eher Ablehnung als Einladung")
- Blogs halten 25% für positiv, für negativ hält sie keiner, 75% ist es egal (Schnitt: 4/10/69%, Rest sagt nichts dazu)
Sollte man sich irgendwo bewerben, wo der Chef den Browser immer offen hat, diesen sinnvoll nutzen kann und wo man Medienkompetenz im Internet vermutet, ist ein googlebares Profil also gar nicht schlecht. Bei den anderen Branchen muss man halt hoffen, dass diese Kompetenz noch nachwächst...
Bisschen widersprüchlich ist die Umfrage übrigens auch:
- Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Handwerk (das seinen Bewerbern eh wenig hinterhersurft) politische Einlassungen zu 100% negativ bewertet werden und im Schnitt aller Branchen zu 72% neutral (4% positiv 16% negativ). Falls ich mich dabei als Parteifreund des Entscheiders herausstelle, sollte das ja schon zumindest unterbewusst positiv wirken. Da fehlte aber auch die Antwortmöglichkeit "Kommt drauf an, was er schreibt".
- Darstellung des sozialen Engagements wird im Gegensatz zu Politik fast nie negativ bewertet (1% bei Sozial, 16% bei Politik). Ich vermute, es gibt im echten Leben keine so deutliche Trennung der beiden Bereiche.
- "Blogs und Twitter" werden positiver bewertet als die Inhalte, die man damit rüberbringt. Warum solllte eine politische Einlassung im Blog besser sein als in anderer Darstellungsform?
- Wann stellen die Umfrageunternehmen eigentlich ihre automatische Ost/West-Gruppierung ein? Klar ist es mühsam, die Statistiktools umzustellen und den bequemen "Gib mir mal 2 Gruppen nach PLZ"-Knopf abzuschaffen. Aber gerade bei Internet stelle ich mir Stadt/Land interessanter vor als Ost/West. Ausser einem Ausreisser bei "Darstellung von Hobby und sozialem Engagement wirkt sich positiv aus" (Ost: 48% West 64%) gibt es auch keine grossen Unterschiede.