Unser Kulturstaatsminister prügelt zusammen mit seinen CDU-Kollegen und den Verlegern gemeinsam auf Google ein, weil die doch Bücher scannen und im Internet verhökern wollen:
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hatte das Thema auf die
Tagesordnung des EU-Ministerrats setzen lassen. Eine weitere
Abwehrmaßnahme sehen die Unionspolitiker auch im Fördern von
Google-Alternativen. Sie wollen in Konkurrenz zum
Suchmaschinen-Giganten "offenere und urheberfreundliche Modelle
digitaler Bibliotheken aus dem europäischen Raum" voranbringen.
Dabei hat unsere Regierung doch schon seit Jahren ein Projekt laufen, das gerade beim Digitalisieren von Bibliotheksbeständen grosse Erfolge feiern sollte. Das "Leuchtturmprojekt THESEUS", vom Wirtschaftsministerium seit 2008 mit 90 Millionen Euro (verteilt auf 5 Jahre) gefördert, soll zwar keine Google-Konkurrenz als Suchmaschine sein, sondern dient dazu, "eine neue internetbasierte Wissensinfrastruktur zu entwickeln, um das Wissen im Internet besser zu nutzen und zu verwerten.". Das "Anwendungsszenario CONTENTUS - Sicherung Kulturerbe" wäre aber genau die Buchscanmaschine, die unserem Staatsminister vorschwebt:
Kultureinrichtungen wie Bibliotheken, Sendeanstalten, Archive und
Museen stehen vor der bedeutenden Herausforderung im großen Maßstab
digitale Kulturgüter einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Im
Rahmen des Anwendungsszenarios CONTENTUS werden neue Technologien für
den Aufbau von multimedialen Wissensplattformen – z.B. Digitale
Bibliotheken oder digitale Sendearchive – entwickelt. Auf diese Weise
wird durch die Bundesregierung der Zugang zu Wissen im digitalen
Zeitalter gefördert und ein Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Erbes
geleistet.
Schade, dass wir in den letzten paar Jahren nichts vom Leuchtturmprojekt gehört haben. Eigentlich weiss ich garnicht, was das Konsortium der üblichen Verdächtigen (Siemens, SAP, Fraunhofer...) die letzten Jahre so getrieben hat. Zumindest sind seine Tätigkeit und seine Erfolge bei der Verbreitung digitaler Kulturgüter sowohl der breiten Masse als auch dem Kulturstaatsminister verborgen geblieben.
Hervorgegangen ist Theseus übrigens aus dem europäischen deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekt Quaero, für das auch schon mal 100 Mio (für 5 Jahre) im Bundeshaushalt standen. Das ist aber dann zerbrochen in das deutsche Theseus und die französische Suchmaschine exalead, die zwar nichts findet, aber Werbung für google macht.
Auf europäischer Ebene gäbs als digitale Bücherei auch die Europeana. Soweit ich das überblicke, scannt die aber nicht selbst, sondern versteht sich als Suchmaschine für andere Bibliotheken, die dass Scannen selber erledigen müssen. Entsprechend unterschiedlich fällt das Suchergebnis aus, wenn man dort einen gefundenen Thumbnail anklickt.
An Ankündigungen und Bemühungen von politischer Seite auf allen Ebenen fehlt es also eigentlich nicht. Es ist nur so, dass Google halt macht, was andere seit einer Legislaturperiode planen...