Unsere Landesjustizministerin ist froh über den
Kompromiss zwischen Zypries und Schäuble zum Bundestrojaner. Natürlich geht er ihr nicht weit genug, aber das liegt in der Natur der Sache. Besonders unzufrieden ist sie mit der Einschränkung, dass der Bundestrojaner wirklich übers Netz kommen soll, wie es sich eben für einen richtigen Trojaner gehört. Millionenfach haut das ja auch ganz gut hin, aber vermutlich will die Ministerin nicht nur den unbedarften Teil der Computernutzer infizieren.
Sie findet jedenfalls:
Wenn es zur Installation eines Trojaners unbedingt notwendig ist, etwa zur Überwindung einer Firewall, muss auch das - selbstverständlich mit Genehmigung eines Richters - geschehen können. Auch in der einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass zur Vorbereitung einer Online-Durchsuchung keine Wohnung betreten werden darf. Hier wird man nachbessern müssen.
[Anmerkung: Man beachte die Wortwahl, da steht wirklich "Trojaner", nicht "forensisches Programm" oder "Online-Datenerhebung". Sicher ein Versehen der Schlussredaktion, keinesfalls das Zeichen einer neuen Offenheit...]
Ich glaub, sie kann beruhigt sein, die SPD ist in dieser Angelegenheit schon so weit umgefallen, dass ein kleiner Einbruch bei "allerdringendsten Fällen" wie z.B. "Terrorismus" oder "Kinderpornographie" (das zieht immer, wer will da schon "Nein, ist nicht rechtstaatlich" sagen) sicher noch genehmigungsfähig wird. Spätestens wenn sich herausstellt, dass die Programmierer des BKA keine Viren schreiben können, die sie zielgerichtet über Internet auf den Computern wirklich interessanter Leute platzieren können und die schöne online-Durchsuchung damit einfach nicht hinhaut.
Ausserdem muss man den Bundesrichtern einfach Zeit lassen. Für die ist das ja auch alles Neuland. Bisher war für die das Konzept einer "heimlichen Durchsuchung" ausserhalb des Spitzelmilieu der Geheimdienste praktisch unbekannt. Nur für das
Urteil zum Grossen Lauschangriff haben sie den Einbruch zur Installation der Wanze kurz beurteilen müssen und als Teil des Grundrechtsbruchs qualifiziert.
Durchsuchungen dagegen kennen sie eher als öffentliche Darbietungen: Mit massig Autos in der Einfahrt, erschreckten Verdächtigen und Familien, aufgebrochenen Türen, kistenschleppenden Beamten, unparteiischen Zeugen und wenns gegen Vorstände grosser Staatsunternehmen geht auch gern mit vorheriger Einladung an die Presse. Die Vorstellung, dass das in der modernen Zeit auch ohne den Verdächtigen, ohne Zeugen und ganz ohne Kontrolle des Ablaufs geht, ist ihnen einfach noch fremd.