Früher, als die Welt noch jung und die Gesellschaften noch sehr einfach gestrickt waren, hatte man natürlich auch keine rechte Vorstellung von Ökonomie. Wenn sich die frühen Christen zum Beispiel eine apokalyptische Inflation vorstellten, war das nicht die Folge ungeschickter Geldmengenpolitik oder eines ungünstigen Verhältnis von Angebot und Nachfrage, sondern ein Engel hat schlicht ein Siegel gebrochen und die Teuerung ritt
einen schwarzen Gaul:
Und da es das dritte Siegel auftat, hörte ich das dritte Tier sagen: Komm! Und ich sah, und siehe, ein schwarzes Pferd. Und der daraufsaß, hatte eine Waage in seiner Hand. Und ich hörte eine Stimme unter den vier Tieren sagen: Ein Maß Weizen um einen Groschen und drei Maß Gerste um einen Groschen; und dem Öl und Wein tu kein Leid!
Auch noch im 17. Jahrhundert hält man Teuerung, Krieg und Seuchen für den
Ausdruck göttlichen Wirkens:
Ach Jupiter! deine Mühe und Arbeit wird besorglich allerdings umsonst sein, wann du nicht wieder, wie vor diesem, die Welt mit Wasser oder gar mit Feur heimsuchest. Dann schickest du einen Krieg, so laufen alle böse verwegene Buben mit, welche die friedliebende fromme Menschen nur quälen werden; schickest du eine Teurung, so ists eine erwünschte Sache vor die Wucherer, weil alsdann denselben ihr Korn viel gilt; schickest du aber ein Sterben, so haben die Geizhälze und alle übrige Menschen ein gewonnen Spiel, indem sie hernach viel erben; wirst derhalben die ganze Welt mit Butzen und Stiel ausrotten müssen, wann du anderst strafen willt.
Abhilfe gegen einen Zusammenbruch des Wirtschaftssystems gab es also ausser beten nicht. Dafür hatte man ein schönes praktisches Weltbild und musste nicht lange nach Schuldigen für z.B. eine Bankenkrise suchen.
Heute ist man natürlich wesentlich weiter. Aufgeklärte Politiker, beraten von Wirtschaftsweisen, wissen genau, wie Ökonomie funktioniert. Abhilfe schaffen heisst nicht mehr beten und hoffen, sondern präventiv einfach mehr Sendung mit der Maus sehen. Zumindest unsere Kanzlerin hält diesen Rat für
uns alle bereit:
Merkel sagte, für alle Bürger sei es wichtig, ein besseres Verständnis für die Kapitalmärkte zu entwickeln. Seit langem erkläre die „Sendung mit der Maus“ (ARD) sehr gut, wie eine Kaffeemaschine oder ein Fahrrad funktioniere: „Heute müssten wir aber auch eine Sendung für Finanzprodukte haben, also ein besseres Verständnis der heutigen Kapitalmärkte.“
Und sie hat recht. Nicht auszudenken, wie viele Kaffeemaschinen uns um die Ohren fliegen würden, wenn nicht die Entwickler dieser Küchengeräte sonntags vom WDR aufgeklärt würden. Und wie unsicher unser Verkehr, wenn die Ingenieure nicht intensiv von der Maus und dem Elefanten geschult würden.
Aber wie kriegen wir die Vorstände und Aufsichtsräte der Grossbanken vor die Glotze?
Andererseits, wenn der Ministerpräsident von Sachsen gewusst hätte, dass ein bisschen Kinderprogramm
sein Amt retten könnte, er hätte mehr Zeit mit seinen Enkeln verbracht...