Thursday, 10. May 2007Der Letzte Nachfahre
Dan Brown hatte vermutlich beim Da Vinci Code doch recht. Wie auch andere anerkannte Experten der Unterhaltungsbranche herausgefunden haben, gibt es einen letzten Nachfahren Christi!
Welchen Sinn sollte es sonst haben, die Tränen der Weinenden Madonna von Heroldsbach einer DNA-Analyse zu unterziehen? Zur Echtheitsprüfung taugt das nicht. Eine Gottheit, die in ihren Erscheinungen auf derart feinsinnige Formen zurückgreift wie ein feuchtes Gesicht einer Statue wird die Zweifler nicht unbedingt durch ihr Erbgut ("weiblich, 2000 Jahre alt, östlicher Mittelmeerraum") bekehren wollen. Hätte sie das nötig, könnte sie ausdrucksstärkere Auftritte veranstalten. Sie hat ja schliesslich auch in der Vergangenheit in Heroldsbach durchaus deutlichere Gestalten angenommen und ist ab 1949 jahrelang dutzenden von Menschen in Begleitung ihres Sohnes sowie Massen von Heiligen erschienen. All das hat die Amtskirche nicht dazu bewegen können, den Ort als heilig anzuerkennen. Im Gegenteil: Fast 50 Jahre lang war der Erscheinungsort eine der wenigen Stellen, zu der man bei Gefahr der automatischen Exkommunikation nicht pilgern durfte. Erst 1998 wurde dort ein Pilgerheim errichtet, um die Pilgerei in geordnete Bahnen zu lenken, und der Ort als Kirche, allerdings nicht als offizieller Erscheinungsort anerkannt. Als Gegenbeweis ist das Mittel auch untauglich. Selbst wenn ein Scherzbold der Muttergottes eine eigene Träne untergejubelt haben sollte, ist es ja unwahrscheinlich dass der Übeltäter in einer der zahlreichen Gendatenbanken gespeichert ist. Eine Massenuntersuchung von Speichelproben der Gläubigen des Umkreises wird vermutlich auf heftige Widerstände stossen. Ausserdem ist eine Gottheit nicht darauf angewiesen, sich überhaupt in Form von "echten" Tränen zu manifestieren. Es ist ihr gutes Recht, jede beliebige Flüssigkeit zu wählen. Auch Männerblut würde dem wahren Gläubigen ausreichen, im Gegenteil, manche würden gerade das als besonderes Wunder betrachten. Es kann also nur darum gehen, sich Vergleichs-DNA zu beschaffen, um etwaige Nachkommen der Jungfrau Maria zu identifizieren! Das bisherige Material ist einfach zu unsicher. Sowohl Maria als auch Jesus sind "leiblich", also komplett mit Körper, in den Himmel aufgefahren. Vermutlich wussten sie einfach, was Reliquienhändler späterer Zeiten mit Heiligenkörpern anstellen, um sie möglichst grossflächig vermarkten zu können. So blieben lediglich stark mit Fremd-DNA kontaminierte Schweiss- und Grabtücher mit eventuellen Blutspuren und ein paar Reste des Körpers wie Haare, Milchzähne und Nabelschnüre übrig. Die wurden allerdings im Mittelalter so geschickt unter den gutgläubigen Gläubigen verhökert, dass es heute unmöglich erscheint, die richtige unter den vielen Heiligen Vorhäuten zu finden. Was die Kirche dann allerdings mit einem identifizierten Nachkommen anfangen will, bleibt ihr Geheimnis. Wir wissen nicht, ob Dan Brown recht hat und sie ihn beseitigen wollen, oder eher Kevin Smith und sie ihn benötigen, den Weltuntergang zu verhindern. Die Tatsache, dass nicht die üblichen Bösewichte aus "Sakrileg" das Opus Dei oder die Jesuiten die Tränen gesichert haben, sondern ein in der Beziehung eher unverdächtiger Augustiner-Chorherr lässt eher auf gute Absichten schliessen. Die Polizei und die Gerichtsmedizin in Erlangen hat ihre Mithilfe bei der Untersuchung übrigens verweigert. Der zuständige Erzbischof von Bamberg hat einen Kirchenrechtler als Ermittler eingesetz, der ein nicht genanntes Labor mit der Untersuchung der Flüssigkeit beauftragt hat. Nach Abschluss der Untersuchung, die natürlich nicht nur die Tränen, sondern auch alle sonstigen Indizien und Zeugenaussagen umfasst, bekommt den Bericht der Bischof. Vielleicht erfährt man dann näheres. Der oben erwähnte Augustiner, Pater Dietrich von Stockhausen, der die Pilgerstätte auf dem Berg betreut, scheint übrigens auch skeptisch: "Wenn uns der Himmel ein Zeichen geben will, dann doch eines, das wir verstehen können - und nicht so ein vages, das leicht zu manipulieren ist." -- Naja... Nachtrag 21.12.: Sie hat nicht geweint, Der Untersuchungsbericht ist seit 30.11. bekannt: Auch die Analyse eines Taschentuches, mit dem die wundersame Flüssigkeit aufgefangen wurde, habe keine Anhaltspunkte liefern können, dass es sich um Tränenflüssigkeit handele: Die Rückstände seien für eine verwertbare Untersuchung nicht ausreichend gewesen, hieß es in Bamberg. Trackbacks
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