Nach dem
erfreulichen Urteil des BGH, dass die Polizei nicht das Recht hat, meinen Computer online zu durchsuchen hat unser
Innenminister natürlich schnell reagiert und will sich halt das Gesetz so weit umschreiben lassen, dass es passt.
Zeit mal wieder meinen Lieblingslink zu diesem Thema hier unterzubringen: Ein Aufsatz von
Burkhard Hirsch in der Zeit zum Thema "grosser Lauschangriff". Der ist zwar schon ziemlich alt, ist aber eigentlich immer aktuell.Mir tuts ja richtig Leid, dass ich früher das "Freiheitlich" bei der FDP nie so richtig wahrgenommen habe und immer nur deren Wirtschaftsliberalismus gesehen hab.
Ein Zitat aus der "Abweichende Meinung" zweier Richterinnen des BGH zum
damaligen Urteil finde ich auch einfach passend:
"Inzwischen scheint man sich an den Gedanken gewöhnt zu haben, dass mit den mittlerweile entwickelten technischen Möglichkeiten auch deren grenzenloser Einsatz hinzunehmen ist. Wenn aber selbst die persönliche Intimsphäre, manifestiert in den eigenen vier Wänden, kein Tabu mehr ist, vor dem das Sicherheitsbedürfnis Halt zu machen hat, stellt sich auch verfassungsrechtlich die Frage, ob das Menschenbild, das eine solche Vorgehensweise erzeugt, noch einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie entspricht. Umso mehr ist Art. 79 Abs. 3 GG streng und unnachgiebig auszulegen, um heute nicht mehr den Anfängen, sondern einem bitteren Ende zu wehren."
Nachtrag 7.2.: Soeben ist ja die Frau Zypries auch in meiner Achtung gestiegen. Im Gegensatz z.B. zum BKA-Chef Zierke
mit seiner Aussage"Die Online-Durchsuchung ist unerlässlich für die Strafverfolgung. Wir finden heute im Internet Bombenbauanleitungen, Aufträge für die Durchführung von Anschlägen, die Rekrutierung junger Menschen zum Dschihad. Das Internet ist das entscheidende Kommunikationsmittel des internationalen Terrorismus und die Szene arbeitet hoch konspirativ, das heißt sie arbeitet verdeckt, sie verschlüsselst, anonymisiert."
hat sie kapiert sagt sie offen, worum es geht:
"Wir werden den Beschluss des Gerichts erst einmal genau prüfen. Aus meiner Sicht müssen die Praktiker, also die Strafverfolgungsbehörden, sehr genau darlegen, warum sie zwingend erforderlich Computer ohne das Wissen der Beschuldigten durchsuchen wollen. Wenn dies geschehen ist, müssen wir uns überlegen, welche Folgen dieser erhebliche Eingriff in die Privatsphäre haben könnte. [...]
Eine heimliche Durchsuchung ist etwas, was das Rechtssystem in Deutschland generell nicht kennt. Das deutsche Strafprozessrecht kennt nur offene Durchsuchungen, also im Beisein des Betroffenen oder eines Vertreters. Damit sind wir seit jeher sehr gut gefahren. Um dies zu ändern, müssen schon sehr triftige Gründe vorgelegt werden.[...]
Aus meiner Sicht müssen die Behörden erklären, warum sie Computer online durchsuchen müssen und nicht zu den gleichen Ergebnissen kommen, wenn sie physisch in eine Wohnung gehen und die Festplatte kopieren."
Es geht eben nicht um Internet, Online-Anwerbungen für Terroristen, Kinderpornochats und Bombenbauanleitungen. Es geht bei der online-Durchsuchung darum, den Rechner mit all seinen dort gespeicherten Daten, die womöglich auch nie für irgendeinen Kommunikation bestimmt waren, zu filzen. Und es geht vor allem darum, dass diese virtuelle Hausdurchsuchung heimlich passieren soll. Das wovon Herr Zierke erzählt, die Überwachung der Kommunikation, darf er nämlich schon, und seine Kollegen machen davon auch
42000 Mal pro Jahr gebrauch.
Irgendwie verstehe ich die aufgeregte Forderung nach einem möglichst über Nacht beschlossenen Gesetz eh nicht. Die Bundesregierung kennt
ganze 4 Fälle (PDF), in denen die Fahnder überhaupt schnüffeln wollten (gesetzeswidrig, wie man heute weiss). Für die Entwicklung dieses hochkomplizierten Amtsvirus haben sie ganze zwei Planstellen vorgesehen und wollen 200000 Euro ausgeben. Das Ding wurde bisher also weder gebraucht noch ist es abzusehen, dass die den Trojaner irgendwann zum laufen bringen werden. Die Innenpolitiker und die Polizisten tun aber alle so, als müssten unsere Ordnungshüter jetzt plötzlich alle ihre Waffe abgeben.