Wie viele andere hätte mich ja schon interessiert, ob die Bundestrojaner, die unter Schily losgelassen wurden aus Unwissenheit oder als kalkulierter Rechtsbruch
genehmigt wurden. Dass sie rechtswidrig waren, ist ja inzwischen
geklärt.
Leider werden wir das nie erfahren. Der damals zuständige Staatssekretär wird uns nichts erzählen. Er ist nämlich heute nicht mehr zuständig, sondern darf im Justizministerium seinen Scharfsinn bei der Textanalyse beweisen. Deshalb kann er auch nicht vor dem
Innenausschuss zu dieser Affäre aussagen:
Die Opposition beantragt seit Monaten im Innenausschuss, Diwell dazu befragen zu können, ob er - wie in einem Interview behauptet - tatsächlich nicht gewusst habe, dass seine Verwaltungsanordnung zum Ausspähen privater Computer benutzt werden würde. Im November hatte sich auch die Union überraschend dem Wunsch der Opposition angeschlossen, den Ausschussvorsitzenden Sebastian Edathy (SPD) damit zu beauftragen, Diwell in einem Brief zur Sitzung des Innenausschusses zu laden.
Edathy teilte am Vormittag mit, Diwell habe seinen Brief beantwortet und darauf hingewiesen, er sehe sich außer Stande, im Ausschuss zu sprechen, da er "sachlich nicht zuständig" für das Thema sei. Diwell ist inzwischen Staatssekretär im Justizministerium. Die Koalitionsfraktionen verwiesen in der Ausschusssitzung darauf, man habe "kein Zitierungsrecht" und könne Diwell zu einem Besuch "nicht zwingen". Die Opposition zeigte sich davon verärgert.
Für fachlich zuständig hält er sich allerdings schon noch. Zumindest bastelt er weiter am Gesetz, das die früheren illegalen Aktivitäten seiner Untergebenen endlich legalisiert. Erst letzte Woche hat er den Unterschied zwischen legal abzuhörender "laufender Kommunikation", wie z.B. Internet-Telefonie und der strenger geschützten "
geronnenen Kommunikation" mit einer ganz neuen Wortschöpfung fein herausgearbeitet.
Sowas finden sogar die Abgeordneten der Union doof, die sich vielleicht auch einfach nur einen besseren Stand für Schäuble erhofft. Für den wäre es ja schon schön, wenn sein Vorgänger nicht nur aus Fahrlässigkeit sondern aus fester Überzeugung die heimliche Online-Durchsuchung genehmigt hätte.
Auch die Union zeigte sich empört: Der Vorgang sei "eine Farce" und man fühle sich "als Parlamentarier auf den Arm genommen". Diwells Verhalten sei nicht das, was "man von einem der höchsten Beamten der Bundesrepublik erwartet hätte". Allerdings seien den Ausschussmitgliedern nunmehr die Hände gebunden und man plädiere dafür, die Sache "als unwürdigen Vorgang im Deutschen Parlament" abzuschließen.
Schade, aber da kann man halt nichts machen. Vermutlich gibts für Diwell dieses Jahr auch keine Weihnachtskarte vom Innenausschuss, aber zu schärferen Massnahmen kann der Ausschuss nicht greifen. Das ist natürlich ziemlich schade, weil gerade im Bereich der Geheimdienste wird ja praktisch alle Kontrolle an das Parlament abgegeben, insofern wäre es schon irgendwie sinnvoll, diese Kontrolle nicht nur von der Auskunftsbereitschaft des Verantwortlichen abhängig zu machen.
Vielleicht kommen die Parlamentarier ja zu einer Auskunft, wenn der Mann wieder im Innenministerium arbeitet. Schäuble findet das ja sicher super, wie genial der Staatssekretär der Legislative auf der Nase rumtanzt. Schliesslich ist Schäuble auch
nicht so für diese Untersuchungen:
Angesichts der grenzüberschreitenden Dimension der Kriminalität und des Terrorismus müsse die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste ausgebaut werden, mahnte der CDU-Politiker. Schäuble fügte hinzu, dies sollte man auch „nicht durch parlamentarische Untersuchungsausschüsse gefährden, weil dies der Sicherheit unseres Landes nicht entspricht“.