Monday, 2. February 2009Landkarte der zensierten ServerBei Scusi gibts schöne Karten mit Serverstandorten der in Europa zensierten Webseiten. Im Gegensatz zu mir bei meinen Versuchen für die dänische und finnische Liste hat der sich allerdings richtig Mühe gegeben und z.B. geparkte Domains rausgenommen. Ausserdem hat er auch noch ein paar weitere Länderlisten gefunden und zusammengefasst. Das Ergebnis ist allerdings meinem recht ähnlich (aber schöner dargestellt): Fast sämtliche Seiten, die in Europa verboten sind werden auch in Europa und befreundeten Staaten mit ähnlichem Rechtssystem gehostet. Warum unsere Innen- und Familienpolitiker statt auf Abschalten der Server lieber auf Zensur der Besucher setzen, können wir nur mutmassen... Saturday, 17. January 2009CensurEigentlich wollte ich ja was über Frau von der Leyens Idee schreiben, die gut bewährten Zensursysteme unserer skandinavischen Nachbarn zu übernehmen, aber ich hab in der Oekonomischen Encyklopädie von Georg Krünitz unter Bücher=Censur nachgeschlagen: Müssen die im Lande zu druckende oder einzuführende Bücher nichts zum offenbaren Verderb der Sitten in sich enthalten. Doch ist dieses nicht im strengen Verstande zu nehmen, denn sonst würde man die meisten Romanen, die meisten Gedichte, und viele andere Schriften, confisciren müssen. Man muß zufrieden seyn, wenn solche Schriften nur etwas nützliches in sich enthalten, und wenn ein Verfasser die Tugendlehre aus dem Plan seiner Schrift nicht ganz und gar ausgemustert hat. Nur solche Schriften sind zu confisciren, die alles nützlichen und vernünftigen Endzwecks beraubt sind, und die offenbar zu nichts anders geschrieben sind, als die verderbten Lüste und die Geilheit zu erregen, und welche in jungen Gemüthern ein unaussprechliches Verderben anrichten.
Damit ist eigentlich alles gesagt. Und unsere Ministerin hat ja auch deutlich gemacht, dass sie diese Diskussion leid ist. Ihr geht es um die Kinder und was zukünftige Regierungen mit der neue eingeführten Zensurinfrastruktur anfangen werden, ist ja auch nicht ihr Problem. Wo kämen wir auch hin, wenn es bei jeder neuen Idee unserer Regenten eine öffentliche Diskussion gibt, Beratungen, Abwägungen der Vor- und Nachteile, der Nebenwirkungen. Da müssen einfach mal ein paar mutige Menschen vorangehen und die Dinge tun, die zu tun sind. Ich fürchte nur, wir können ihr die Diskussion nicht ganz ersparen. Klammheimlich ohne Gesetz wollen die Provider nicht so recht mitziehen und ein Gesetz muss halt leider zumindest noch in Scheindebatten durch das Parlament bugsiert werden. Wenn sie Pech hat, steht wieder irgendein Provinzfürst auf und fordert die Zensur von Extremisten, Hasspredigern, Online-Casinos, Bombenbauanleitungen und Raubkopiererseiten noch vor der Bundestagswahl und eine Randgruppenpartei macht ein Wahlkampfthema draus. Das geht natürlich nur wenn vorher die Zensur auf irgendwas gesellschaflich akzeptiertes ausgeweitet wird, Kinderpornos zu verteidigen wäre vermutlich politischer Selbstmord. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass da rechtzeitig irgendein Depp "Online-Casinos" in die Runde schmeisst. Aber das soll dann der Schäuble ausmachen. Schliesslich sind die Rollen in der Regierung gut verteilt und für Repression ist der Innenminister zuständig. Übrigens: Zensur hat immer auch was nützliches, wie Herr Krünitz schon 1776 wusste:
Thursday, 1. January 2009Dänemarks ZensurlisteBei Wikileaks ist zu Weihnachten die Zensurliste dänischer Provider mit Stand vom Februar 08 aufgetaucht. Dänemark ist ja eines der Länder, die unseren Vorkämpfern für Internetzensur als Vorbild dienen. Wenn man der Argumentation der Zensurfreunde folgt, ist natürlich eine Internetsperre nur das letzte Mittel im Kampf gegen Kinderpornographie, weil man anders an die Verbreiter nicht herankommt. Schliesslich werden diese Seiten in Ländern gehostet, in denen ein menschenverachtendes Rechtssystem herrscht, das sexuelle Ausbeutung von Kinder toleriert. Für die dänische Liste hab ich mal eine Auflösung nach Ländern gemacht, die geographischen Daten stammen aus der "GeoIP light"-Datenbank von Maxmind, zu 95-99% sollte die Auflösung stimmen. Von den 3863 Seiten auf der Liste waren 2112 auflösbar, der Rest hatte keinen DNS-Eintrag mehr, die Verteilung der 2112 Bösen aus dänischer Sicht sieht so aus:
Auch hier wird also, wie bei der Liste aus Finnland, ein Grossteil der Seiten in der christlich-abendländischen Welt mit recht homogenen Wertevorstellungen und Rechtssystemen gehostet. Es wäre Zeit für eine diplomatische Offensive gegen die Nachbarländer und die Freunde in Übersee, die diese Sauerei zulassen. Oder für eine kritische Überprüfung, ob andere Länder bei der Abwägung von Freiheit und Zensur vielleicht doch den richtigeren Weg gehen. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass für die Herstellung all dieser Seiten "Kinderseelen zerfetzt" wurden, wie sich unsere Familienministerin plakativ ausdrückt, die Regierungen dort nichts unternehmen und die dänische Justiz und Diplomatie tatenlos den Kinderschändern zusieht. Aber Zensieren ist natürlich viel einfacher. Man kanns heimlich machen und ist praktisch frei von jeglicher Kontrolle, schliesslich würde sich ein Kritiker als Freund von Schmuddelkram outen und wäre leicht zu diffamieren. Wer will schon öffentlich eingestehen, dass er 2000 Pornoseiten überprüft hat und dabei 100 Seiten gefunden hat, die gar keine Schweinereien enthalten, sondern nur politisch missliebige Meinungen. Ausserdem erzeugt man durch diskretes Filtern keine schlechte Stimmung beim nächsten Staatsempfang. Beim Schreiben dieses Beitrags hab ich übrigens auch gemerkt, wie Zensur wirkt. Immerhin hantiere ich hier mit Zeug aus dem Giftschrank des Netzes und hab eine Liste von ein paar tausend Links zu Pornoseiten (nix aufregendes, beliebige Permutationen der Worte teen, girl, boy, lolita und nude) auf dem Rechner. Ich darf mir das Zeug auch als Deutscher nicht ansehen, wirklich überprüfen kann ichs also nicht, muss ich auch nicht für diese Liste. Aber immerhin hat mein Rechner eine knappe Stunde damit verbracht, DNS-Anfragen nach diesen Seiten zu verschicken und wer weiss schon, was in Zeiten der Vorratsdatenspeicherung so alles irgendwo hängen bleibt... Friday, 19. December 2008Ausverkauf zum JahresendeDer Bundesrat hat heute das BKA-Gesetz samt Bundestrojaner abgenickt. Die Widerstandssimulation der SPD ist endlich beendet, und die Legislative darf in die wohlverdienten Weihnachtsferien gehen. Der Präsident muss noch unterschreiben, aber der ist es gewöhnt, dass ihm kurz vor Silvester noch ein paar Gesetze vorgelegt werden. Jetzt muss wieder das Verfassungsgericht die ganze Arbeit machen, aber die Schlussredaktion für Polizei- und Geheimdienstgesetze liegt ja traditionell bei den Leuten in Karlsruhe. Gibts eigentlich für die Kammern des Parlaments auch sowas wie in den grossen Firmen? Ein Budget an Freiheitsrechten, die man noch in diesem Jahr verpulvern muss, sonst bekommt man im nächsten entsprechend weniger Spielzeug zum kaputtmachen? Samt den lästigen Marketingdrohnen am Telefon, die einem noch im vierten Quartal einen Trojaner, eine präventive Befugnis oder eine Reduzierung der Berufsgeheimnisträger reindrücken wollen. Schäuble klang ja fast so mit seinem "Noch vor Weihnachten, sonst mag ich überhaupt kein BKA-Gesetz mehr haben!". Der Spiegel hebt hervor, dass die BKA-Beamten nicht heimlich in die Wohnung einbrechen dürfen zur Installation ihres Holzpferdes. Das stimmt natürlich, dazu müssen sie aber nur unsere Landespolizisten um Hilfe bitten. Die dürfen das, zumindest bis die Verfassungsbeschwerde gegen unser Polizeiaufgabengesetz entschieden ist. Das ist das schöne an unserer weit gestreuten Zuständigkeitsverteilung: Irgendeiner darf immer und das Argument "wir wollen nur dürfen, was der auch darf" zieht auch immer. Einen Fingerabdruck für den Personalausweis haben sie im Bundestag auch noch schnell am Donnerstag abgesegnet. Ab 2010 gibts den Ausweis mit RFID-Chip fürs Bild und die Identitätsdaten. Optional soll der Bürger noch eine elektronische Signatur speichern können und freiwillig zwei Fingerabdrücke abgeben dürfen. Sunday, 7. December 2008Keine Scorpions-Cover für BritenPassend zur Diskussion zur Internetfilterung gegen Kinderpornographie zeigt das britische Filtersystem gerade, wozu es fähig ist: Die Wikipedia ist pornografisch. In England wird erst auf die IP-Adresse gefiltert. Verkehr zu verdächtigen IP-Adressen wird zu einem transparenten Proxy ausgeleitet. Dort wird dann noch einmal genau geschaut, welche Domain (evtl. welche URL) auf diesem Server aufgerufen wird und dann wird bei Bedarf gesperrt. IP-Adresse und URL kommen aus einer Liste, die die Provider pflegen und die auf Meldungen besorgter Bürger beruhen. Den zweiten Test besteht die Wikipedia im Grossen und Ganzen, lediglich wirklich schlimme Seiten wie deutsche Plattencover fallen in England unter Kinderporno und werden gesperrt. Der Besuch anderer Seiten, wie z.B. des Artikels über die Queen ist weiterhin ungestört möglich. Die Wikipedia reagiert auf diese Zwangsproxies ein bisschen allergisch. Für die kommen plötzlich alle britischen Besucher von einer handvoll IP-Adressen, eben den Zensurproxies der Provider. Das führt dann dazu, dass diese IP-Adressen für anonyme Änderungen an Artikeln gesperrt werden, wenn ein einzelner Besucher unangenehm auffällt. Lesen geht allerdings weiterhin für alle, editieren halt nur für angemeldete User. Es kann natürlich leicht sein, dass die Wikipedia in irgendeinem Kulturkreis strafbare Inhalte enthält, schliesslich kann jeder Idiot dort irgendwas hochladen oder schreiben. Ausserdem enthält die Wikipedia durchaus auch Artikel, die einem frommen Taliban oder unserer Familienministerin nicht gefallen würden. Berichten betroffener User zufolge ist z.B. zur Zeit der Artikel über "Virgin Killer", einer Scheibe der Scorpions aus dem Jahr 1976 und deren Cover, ein unbekleidetes Mädchen mit Sprüngen im Glas vor den Genitalien, für Untertanen ihrer Majestät zur Zeit nicht erreichbar. Das Cover wurde übrigens später durch etwas unverfänglicheres ersetzt, bei Amazon finde ich nur das neue Cover (Update 13:42) gibts aber auch die alte Version zu kaufen. Ich finde das ist ein schönes Beispiel, wie Filtern eben doch den Normalbürger betrifft, der kann halt dann die Wikipedia nicht mehr editieren. Und ich hoffe ein frei gehandeltes Cover einer deutschen Band ist kein typisches Beispiel dafür, was Frau von der Leyens Vorbild England alles an Schrecklichem sperrt. Und ich hoffe die Besucher der Wikipedia werden nicht mitgezählt bei der Riesenmenge blockierter Päderasten, die immer als Argument für die Notwendigkeit staatlicher Zensur herhalten müssen.
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