Saturday, 17. January 2009CensurEigentlich wollte ich ja was über Frau von der Leyens Idee schreiben, die gut bewährten Zensursysteme unserer skandinavischen Nachbarn zu übernehmen, aber ich hab in der Oekonomischen Encyklopädie von Georg Krünitz unter Bücher=Censur nachgeschlagen: Müssen die im Lande zu druckende oder einzuführende Bücher nichts zum offenbaren Verderb der Sitten in sich enthalten. Doch ist dieses nicht im strengen Verstande zu nehmen, denn sonst würde man die meisten Romanen, die meisten Gedichte, und viele andere Schriften, confisciren müssen. Man muß zufrieden seyn, wenn solche Schriften nur etwas nützliches in sich enthalten, und wenn ein Verfasser die Tugendlehre aus dem Plan seiner Schrift nicht ganz und gar ausgemustert hat. Nur solche Schriften sind zu confisciren, die alles nützlichen und vernünftigen Endzwecks beraubt sind, und die offenbar zu nichts anders geschrieben sind, als die verderbten Lüste und die Geilheit zu erregen, und welche in jungen Gemüthern ein unaussprechliches Verderben anrichten.
Damit ist eigentlich alles gesagt. Und unsere Ministerin hat ja auch deutlich gemacht, dass sie diese Diskussion leid ist. Ihr geht es um die Kinder und was zukünftige Regierungen mit der neue eingeführten Zensurinfrastruktur anfangen werden, ist ja auch nicht ihr Problem. Wo kämen wir auch hin, wenn es bei jeder neuen Idee unserer Regenten eine öffentliche Diskussion gibt, Beratungen, Abwägungen der Vor- und Nachteile, der Nebenwirkungen. Da müssen einfach mal ein paar mutige Menschen vorangehen und die Dinge tun, die zu tun sind. Ich fürchte nur, wir können ihr die Diskussion nicht ganz ersparen. Klammheimlich ohne Gesetz wollen die Provider nicht so recht mitziehen und ein Gesetz muss halt leider zumindest noch in Scheindebatten durch das Parlament bugsiert werden. Wenn sie Pech hat, steht wieder irgendein Provinzfürst auf und fordert die Zensur von Extremisten, Hasspredigern, Online-Casinos, Bombenbauanleitungen und Raubkopiererseiten noch vor der Bundestagswahl und eine Randgruppenpartei macht ein Wahlkampfthema draus. Das geht natürlich nur wenn vorher die Zensur auf irgendwas gesellschaflich akzeptiertes ausgeweitet wird, Kinderpornos zu verteidigen wäre vermutlich politischer Selbstmord. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass da rechtzeitig irgendein Depp "Online-Casinos" in die Runde schmeisst. Aber das soll dann der Schäuble ausmachen. Schliesslich sind die Rollen in der Regierung gut verteilt und für Repression ist der Innenminister zuständig. Übrigens: Zensur hat immer auch was nützliches, wie Herr Krünitz schon 1776 wusste:
Tuesday, 13. January 2009GebrauchtwagenbörseIch such noch einen Finanzierer für meine Geschäftsidee... Wir kaufen jetzt die 48462 Autos bei mobile.de auf, die unter 2000 Euro kosten und älter als 9 Jahre sind, verschrotten die und kassieren unser Konjunkturpaket. Das bringt satte 24 Mio Euro Erlös. Das geht natürlich nur, wenn wir auch 48462 Käufer eines Neuwagens finden und deshalb bauen wir irgendwo im Internet eine Gebrauchtwagenbörse, die sowas wie Patenschaften für Schrottautos vermittelt. 25% kassieren wir, dann bleiben uns immer noch gut 6Mio. Für die bisherige Kundschaft billiger gebrauchter Autos hab ich eine schlechte Nachricht: Für Gebrauchtwagen wird damit ein staatlich festgelegter Mindestpreis eingeführt. Bisher blieb den armen Leuten noch die Hoffnung, einen ebenfalls armen Vorbesitzer zu finden, der eine alte Kiste verkaufen will/muss und sich keinen Neuwagen leisten kann. Diese Hoffnung machen wir natürlich kaputt wenn unsere Kontaktbörse mal läuft. Aber warum sollten wir auch in Zeiten der Krise auf die Mobilität von Geringverdienern Rücksicht nehmen? Wenn ich mir die Liste bei mobile.de so ansehe, hoffe ich ja, dass das nix wird. Es wäre wirklich traurig. wenn der Opel Olympia Rekord Bj 64, keinen Käufer für 2000 fände, sondern für 500 mehr in die Schrottpresse fährt. Oder der Jaguar XJ6, oder der 4CV Bj 56 oder der Munga, oder dieser Series II... WassereisTuesday, 6. January 2009Wehrhafte DemokratieUnserem Innenstaatssekretär ist bei seiner Pressemitteilung zum NPD-Parteiverbot ein kleiner Fehler unterlaufen. Der Satz Nicht umsonst gelte wegen der Erfahrungen aus der Weimarer Zeit für unsere wehrhafte Demokratie der Grundsatz "keine Freiheit für die Feinde der Freiheit". stimmt so nicht ganz. "Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit" ist kein "Grundsatz unserer Demokratie" sondern ist ein Ausspruch, der Antoine de Saint-Just zugeschrieben wird. Der hat damit nach der französischen Revolution die Prozesse gegen die Aristokratie und gegnerische Mitrevolutionäre gerechtfertigt. Die Urteile stellte er unter das Motto "Nicht die Gefängnisse haben überfüllt zu sein, sondern die Friedhöfe" und er gilt im Allgemeinen nicht als gutes Vorbild für bayerische Kabinettsmitglieder. Oder um mit der ehemaligen Präsidentin des Verfassungsgerichts zu sprechen: "Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit" taugt nicht als Strategie der freiheitlichen Demokratie; denn eine Grundvoraussetzung der freiheitlichen Demokratie ist die ständige Auseinandersetzung zwischen widerstreitenden politischen Ideen. Der beste Demokratieschutz ist nicht die strafrechtliche Ahndung rechtsextremistischer Ausschreitungen; obgleich diese in einem Rechtsstaat selbstverständliche Pflicht der Justiz ist. Vielmehr muss der Kampf gegen die Ursachen dieses Extremismus im Vordergrund stehen. Gewiss gehört dazu auch eine Erfolg versprechende Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Doch nüchtern gilt es zu bedenken, dass Fremdenhass ein Zeichen misslungener Bildung ist. Ein Satz in der Pressemitteilung beruhigt mich aber schon wieder ein bisschen. Der erste Absatz klingt ja so, als ob Herr Weiß ausgerechnet beim Verbot einer Neonazi-Partei den Rechtsstaat durch gesundes Volksempfinden ersetzen will. Aber er schreibt auch: Dass alle "billig und gerecht Denkenden" wissen, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, reicht für ein Verbot nach rechtsstaatlichen Maßstäben sicher nicht aus, sonst wären wir nicht besser als die Feinde unserer Verfassung. Sunday, 4. January 2009Alte Hamburger AbendblätterZufällig hab ich entdeckt, dass das Hamburger Abendblatt sämtliche Ausgaben von 1948 bis 2002 samt Bildern und Kleinanzeigen gescannt und als PDF in einem Archiv zugänglich gemacht hat. Wer Lust hat kann dort zum Beispiel Comics der 50er oder die Einführung des Wehrdienstes, die Schlacht um Dien-Bien-Phu, die (Wieder-)Einführung des 50km/h-Limits innerorts, oder die Ölkrise nochmal aus zeitgenössischer Sicht einer Zeitung aus dem Hause Springer nachlesen. Freunde der Hamburger Lokalgeschichte und der Seefahrt werden sicher auch viel Interessantes entdecken. Eine Suchfunktion hab ich leider nicht gefunden, aber neben den Scans liegen noch Textdateien mit dem Ergebnis der eher schlecht gelungenen OCR, sie planen sowas anscheinend. Ist aber auch gar nicht nötig, einfach reinklicken und in altem Zeug schmökern macht auch Spass. Mir war z.B. nicht klar, welch hohen Stellenwert die Militarisierung der jungen Bundesrepublik in der Presse hatte. Es verging in den 50ern keine Woche, an dem nicht irgendein General die Titelseite schmückte oder wenigstens die Lieferung einer amerikanischen Haubitze an die neue Armee verkündet wurde. (Bild: Titelseite vom 29.09.1969)
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