Friday, 28. December 2007Der Notar
Wenn ich mir die Meldungen so anschaue, dass der Bundespräsident die Vorratsdatenspeicherung über die Feiertage abgezeichnet hat und besonders die Reaktionen darauf, dann frag ich mich, welche Heilserwartung die Leute auf den Herrn Köhler gerichtet haben. Der Präsident mag ja in der Vergangenheit ein paar Gesetze wegen Bedenken ausgebremst haben, aber im Grunde sind Standesbeamte nicht dazu da, unglückliche Ehen zu verhindern und Notare haben nicht die Aufgabe, einem schlechten Geschäft die Unterschrift zu verweigern.
Klar wärs als symbolischer Akt ganz nett, wenn er grosse Bedenken dabei formulieren würde, aber eigentlich wärs mir auch nicht recht, wenn er wirklich was verhindern könnte. Das hiesse ja, dass im umgekehrten Fall ein durchgeknalltes Staatsoberhaupt auch vernünftige Gesetze verhindern könnte, die von einer direkt demokratisch legitimierten Parlamentsmehrheit verabschiedet werden. Im Vergleich zur Bundestagswahl ist die Präsidentenwahl doch eher ein symbolischer Akt, durchgeführt von Parlamentariern, die mit getreuen Promis wie Ottfried Fischer, Karl-Heinz Rumenigge und Rosi Mittermaier-Neureuther glanzvoll und bürgernah aufgestockt werden. Mehr Hoffnung hab ich da ins Verfassungsgericht. Wobei das ja eigentlich auch nur kurzfristig hilft. Über kurz oder lang haben die Regierenden alle Pöstchen mit Vertrauensleuten besetzt und das Gericht tagt unter dem Vorsitz von Frau Zypries... Thursday, 27. December 2007Bachkunde
Aktuelles Zeug im Internet zu finden ist ja keine Kunst. Schwierig wirds, wenn jemand historische Sachen einscannen oder abtippen müsste, um sie online zu stellen. Selbst wenn man die Urheberrechts-Anstandsfrist von 70-140 Jahre überspringen würde, gibts einfach zu wenige freundliche Menschen, die altehrwürdige Schriften ins Netz bringen.
Umso schöner ist es, die Scans der David Rumsey Map Collection zu finden. Falls man mal schnell eine alte detail?id=1-1-21023-530120&name=Munich.+Muenchen. braucht, findet man dort eine von 1832. Sogar unter Creative Commons-Lizenz für nicht-kommerzielle Nutzung. Nötig war sie übrigens, weil uns völlig schleierhaft war, wie die Pfistermühle angetrieben wurde. Schliesslich gibts dort weit und breit kein Wasser und Windmühlen scheiden innerstädtisch aus. Da hilft dann ein Blick auf die Karte, die im München des 19. Jahrhunderts noch massenweise Bäche zeigt, die heute bestenfalls als Strassennamen bekannt sind. Das Münzbachl beispielsweise, das irgendwo unterm Viktualienmarkt beginnt und dann die Altstadt an der Pfistermühle vorbei durchquert, findet man dort leicht. Bisschen unklar bleiben allerdings die Verbindungsstücke, irgendwo unter dem Markt treffen sich ein paar Bäche und wer in welchen fliesst und welcher wie heisst, geht aus der Karte nicht hervor. Auch die zweite Quelle, der Wikipedia-Eintrag zum Viktualienmarkt ist an der Stelle irgendwie verwirrend... Praktisch war sicher auch der Katzenbach. Der treibt erst die Hofbräumühle an und kümmert sich anschliessend um die Ver- und Entsorgung bei den königlichen Rössern hinter der Reitschule. Wobei ich mir da auch nicht so sicher bin, ob der Bach noch der gleiche ist: Am Kosttor gibts einen Zusammenfluss und in der Wikipedia steht zumindest am Viktualienmarkt bei anderen Bächen eine "Bachkreuzung" beschrieben. Gut möglich, dass auch dort irgendwelche Brücken oder Rohrkonstruktionen rumlagen, um die Bäche zu kreuzen. Vielleicht schau ich mir mal das Buch "Christine Rädlinger: Geschichte der Münchner Stadtbäche" an. 38,50 Euro ist zwar ne Menge Geld, aber das könnte interessant sein und es sind ja auch Bilder drin. Ausserdem kann ich mir das "Münchner Sittenbuch - Liebe, Laster und Affairen" aus dem gleichen Verlag mitbestellen, ohne dass es mir peinlich sein müsste. Da sind auch 120 farbige Bilder drin! ;) Weitere wichtige Erkenntnis bei der Kartenlektüre: Die Bewohner in der Gegend um die Hans-Sachs-Strasse können ruhig ihre Wäsche raushängen. Sie wohnen auf der Städtischen Bleiche. Bildnachweis: David Rumsey Collection unter dieser Creative Commons-Lizenz Sunday, 23. December 2007Der dessen Name stets verknüpft sein wird
Am Donnerstag durfte der Bayerische Rundfunk mal wieder seinen Ministerpräsidenten interviewen. Bei Quer, was ich eigentlich recht schön finde, weil Christoph Süß einfach die besseren Fragen stellt als der übliche Hofberichterstatter. Dabei erfuhr man, dass der sparsame Ministerpräsident nun am Tisch von Alfons Goppel sitzt, weil sein Vorgänger das Mobiliar seines Arbeitszimmers mit in die Rente nehmen durfte. Der Tisch von "Strauß und Stoiber" steht also jetzt in Wolfratshausen oder in Brüssel. Beckstein wollte die Möbel eh nicht, weil er dort immer auf dem Sofa sitzen musste während er von Strauß fertiggemacht wurde.
Und da war sie wieder die damnatio memoriae. Wie im Alten Rom, wo die Namen der in Ungnade gefallenen Kaiser von den Säulen gemeisselt wurden und ihr Gesichter aus den Münzen gekratzt. Oder wie in Stalins Russland, wo jedes Gemälde übermalt werden musste, weil der neue Diktator die alten Weggefährten nicht mehr sehen wollte. Eines Tages werden die Leute einfach nicht mehr wissen, dass es einen Ministerpräsidenten von 1988 bis 1993 gab. Der vermutlich auch an dem Tisch seines Vorgängers sass und bestimmt auch Spuren am Sofa hinterlassen hat. Aber anscheinend darf der Name nicht genannt werden. Das erinnert ein wenig an Harry Potter, obwohl die Gefahr gering scheint, dass Stoibers Vorgänger wiederkommt, wenn man ihn beim Namen nennt. Dabei wäre es garnicht so schlimm. Ok, der Mann war korrupt, aber bei einer Partei, die zu kleinen Diensten unter Spezln ein ähnliches Verhältnis hat wie der fromme Katholik zur Verhütung, wäre das nun wirklich nichts schlimmes. Zu Lebzeiten haben sie den gestrauchelten ja auch noch fleissig gelobt, den "Pionier des Umweltschutzes", der "Pfeiler eingerammt hat, damit die bayerischen Staatsfinanzen auch in stürmischen Zeiten nicht ins Schlingern geraten", den "Eisbrecher des Föderalismus in Europa", dessen Name stets mit dem "Europa der Regionen" verknüpft sein wird (das hat ihm zumindest sein Parteifreund Glück zum Geburtstag 1997 erzählt). Und heute? Nix. Niemand darf ihn nennen, eine Lücke von fünf Jahren klafft in der Erinnerung der alten Parteifreunde und nur gelegentlich taucht die Geschichte seines Falls noch in der Zeitung auf. Als Parallele zum Sturz seines Nachfolgers, als Beispiel für die traditionelle Vorgehensweise mit der die zweite Reihe der CSU ihren Chef loswird, wenn er mal für kurze Zeit die Meute nicht voll unter Kontrolle hat. Bei Stoiber werden sie es aber nicht schaffen. Der Mann ist Teil der Sprachkultur geworden, und selbst wenn der Bayernkurier ihn auf die Liste setzt, das Web vergisst ihn nicht. Wednesday, 5. December 2007Eingeborene
Am Rio Aripuana, einem Nebenfluss des Amazonas lebt das peccari maximus, ein ausgesprochen grosses Wildschwein aus der Familie der Nabelschweine. Bisher konnte das Tier in der abgelegenen Gegend den Zoologen entkommen, aber jetzt ist es einem Team des NDR und einem Forscherteam mit Marc van Roosmalen gelungen das Pekari zu filmen.
Es lässt sich kaum erklären, dass es noch niemandem bisher gelungen ist, was Dokumentarfilmern vom NDR und einem Forscherteam gelang: Sie entdeckten das grösste unbekannte Säugetier der letzten 10 Jahre. Eigentlich waren die Leute auf einem echt kultigen Forschungsschiff, das ein wenig an Fitzcarraldo erinnert, unterwegs um Affen und Seekühe zu beobachten, bis ihnen ein paar Einheimische ein Fell verkaufen wollten, das die Forscher nicht einordnen konnten. Sie liessen sich also zeigen, wo die Schweine sich versammeln, haben dort tagelang gelauert und konnten so vier Pekari an der Tränke filmen. Der Bericht schliesst mit einem Schwenk über den dichten Regenwald und Aber Wissenschaftler glauben, dieser Fleck ist so unberührt, dass hier wahrscheinlich noch mehr Tiere leben, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Die Formulierung finde ich ja irgendwie gewagt. "Entdecken" ist ja ok, schliesslich existieren Dinge für uns nur, wenn wir sie im Fernsehen sehn und Aufsätze drüber lesen. Wir sind ja auch der Ansicht, Kolumbus hätte Amerika entdeckt, obwohl die Indianer vorher auch wussten, dass sie auf einem Stück Land stehen. Aber "noch nie ein Mensch gesehen" ist schon irgendwie schräg angesichts der Tatsache, dass die Einheimischen dort schon lange wissen, wie man ein Pekarifell bearbeitet und sicher leckere Kochrezepte für Nabelschweinebraten austauschen. Ich vermute übrigens, den Satz hat der NDR verbrochen. Van Roosmalens Homepage lässt eigentlich keinen Zweifel dran, dass er die Leute da respektvoller betrachtet. Sein Paper über die Entdeckung ist dafür auch wesentlich langweiliger als der Filmbericht. Immerhin vergehen dort zwischen seiner ersten Sichtung und dem ersten Video 3 Jahre in denen die Forscher den Indianern Knochen und Häute dieser Schweine abgekauft haben. Drei weitere Jahre später waren sie sich dann sicher genug um die neue Art ihren Kollegen vorzustellen. Tuesday, 4. December 2007Grenzkontrolle
Ein Wunder, dass die Kinder morgen Abend noch was in die Stiefel gesteckt bekommen, eigentlich dürfte der Nikolaus hier nicht mehr einreisen.
Der Mann stammt aus der Türkei, hat offensichtlich grosse finanzielle Mittel unklarer Herkunft, treibt sich im Rotlichtmilieu rum, schreckt bei Glaubensstreitigkeiten auch nicht vor Gewalt gegen Abweichler zurück und zerstört religiöse Stätten anderer Glaubensgemeinschaften. Er "leiht" sich sogar Steuergelder, um seine Gemeinde zu unterstützen. Ein Glück für ihn, dass seine Geschichte nicht von Zuhältern, Arianern, Dianapriesterinnen und Finanzbeamten geschrieben wurde. Heute hätte der Heilige keine Lobby mehr.
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