Saturday, 29. September 2007Der Herkules
Eigentlich wollte ich ja die Abschiedsrede vom Stoiber nachlesen. Aber irgendwie bin ich beim Bayernkurier gelandet und hab mir dort die Welt erklären lassen. Eine ganz eigene Sicht der Dinge dort, aber irgendwie in ihrer Skurrilität auch wieder lesenswert. Der Rentnerjob vom Stoiber, den ich letzte Woche noch als "Austrag" verspottet hab, wird dort ganz anders gesehen.
Unser Edmund reitet nämlich gen Brüssel um das europäische Volk von einem Ungeheuer zu befreien. Unterstützt von einem Gremium hochrangiger Experten, wird er es mit einem Monster aufnehmen, das viele für unbezwingbar halten. [...] Was Edmund Stoiber schon in wenigen Wochen anpacken wird, ist kein Himmelsfahrtskommando, wie einige unken, sondern schlicht und einfach eine Herkulesarbeit, die zu bewältigen es nur wenige in Europa gibt.
Da sind wir ja froh. Auch wenn wir uns die Methoden, die er dort anwendet besser nicht so genau ansehen wollen. Vermutlich kämpft er dort eher wie James Bond mit allen Mitteln eines Mannes, statt nur die Lanze in den aufgerissenen Schlund der Aktenmappe zu stossen. Sein Innenminister zumindest weiss um die Tricks seines bald ehemaligen Chefs und seine Beziehung zu Aktenmonstern: Beckstein prägte das Bonmot, dass Stoiber im Bett lieber eine dicke Akte habe als eine dünne Nackte. Aber auch wenns nicht klappt mit der Herkulesarbeit und den Monstern, selbst wenn er scheitert an der Aufgabe, die nur wenige leisten können. Er hat auch als Künstler sein Auskommen, schliesslich hat er mit seiner Tochter zusammen fürs Hofbräuhaus einen eigenen Bierkrug entworfen. Er zeigt einen Löwen, der eine Bayern-Fahne in der Tatze hält und sich auf das Hofbräu-Wappen stützt. Umrankt wird der Löwe von bunten Bändern, an denen allerlei Wiesn-Utensilien hängen. Signiert hat den Krug lediglich Stoiber. [Seine Tochter Veronika] Saß sagte, ihr Vater habe ein Herzerl, einen Fußball, Hendl und die Weißwürste gezeichnet. Der Entwurf sei an einem Wochenende auf der Terrasse in Wolfratshausen entstanden. (Erhältlich im Hofbräuzelt und im Hofbräuhaus für 12,50, mit Zinndeckel 27 Euro) Achso, die Rede hab ich auch gefunden. War aber nix besonderes. Das übliche halt: Partei der Mitte, aber nicht Gesichtslos und Rechts davon gibts nichts mehr Die Linken sind Gegner unserer Verfassungsordnung Wir müssen die Ehe auch als Selbstzweck schützen unabhängig von der Familie Europa ist christlich, die Türkei nicht Moscheen dürfen bei uns nicht grösser werden als unsere Dome und Kathedralen ... (Bilder aus der Wikipedia, St Georg vom Wikipedia-User "Brosen" und Stoiber von Alexander Hauk) Tuesday, 25. September 2007Eilige Ermittlungen
Bei der Zeit ist inzwischen auch ein Artikel über die Geschichte mit der Hausdurchsuchung bei einem Tor-Betreiber erschienen. Bisher war mit ja nicht klar, ob das ganze ein blödes Versehen aufgrund hastiger Ermittlung angesichts einer akuten Gefahr, echte Unfähigkeit oder eine Verschwörung war.
Ich habs mir ja eher als Flüchtigkeitsfehler gedacht, der halt passiert, wenn die Autobahncops mal in der Hektik und zwischen all den brennenden Autos den falschen verdächtigen:
Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus, ich sehe offensichtlich die falschen Filme. Obwohl ... eigentlich nicht, es ist doch eher so als würde sich Chief Wiggum an die Schreibmaschine setzen und dann Toto und Harry ins Internet auf Streife trotten. Für reale Einsätze muss man zunächst die Zeitachse ein wenig dehnen. So ungefähr um den Faktor 72. In Wirklichkeit wars nämlich so:
(*) Das ist der Punkt, der mich stutzig macht... Wie haben die den Code zur IP <--> Provider-Zuordnung geknackt? Ein derartiges Vorgehen lässt natürlich schon noch viel Raum für Verschwörungstheorien: Finstere Mächte mit Verbindungen nach Ganz Oben wollen einen Menschen einschüchtern, Furcht und Schrecken unter den Tor-Betreibern verbreiten, und scheuen dabei nicht davor zurück, ihre Untergebenen echt dämlich aussehen zu lassen. Andererseits: Chief Wiggum ist zwar eine Zeichtrickfigur, Toto und Harry sind aber echt. Von daher könnte schon alles so sein, wie die Zeit das bei der Staatsanwaltschaft erfuhr. Oder wie der Betroffene meint "incompetent++". Robert ist auch für die Inkompetenz-Theorie. Bei dem musste die Polizei ja ab und zu Aufnahmen aus der Überwachungskamera der Tankstelle abholen, weil dort Unfälle in der Tankstelle oder vielleicht ein paar Täter von Straftaten aus der Nachbarschaft drauf waren. Das ging gut, solange man die als Videokassette abholen konnte. Beim Präsidium oder LKA gabs dann sogar Spezialisten, die aus diesen gemultiplexten Einzelbildern aus mehreren Kameras wieder etwas zusammenschneiden konnten für die VHS-Vorführung beim Richter. Als dann allerdings dieses digitale Zeug aufkam und als Transportmedium der Daten eine polizeieigene Platte mit USB-Anschluss, war das System zum Scheitern verurteilt. Lediglich in einer Nachbarstadt gibts einen Polizisten mit einer mobilen Festplatte. Was mich als schutzbedürftiger Bürger dabei ein bisschen stutzig macht:
Dumm nur, dass die Finsteren Mächte mit Verbindungen nach Ganz Oben ihr Ziel trotzdem erreichen. Ganz ohne Verschwörungstheorie reicht einfach auch Inkompetenz, um Furcht und Schrecken zu verbreiten. Tuesday, 18. September 2007Beleidigende Schablone
Irgendwie fühle ich mich an meine Jugend erinnert. Damals, in den Achtzigern wurde ein Lehrer bei uns noch unter fadenscheinigen Gründen vom Erdkundeunterrricht suspendiert, weil er das Strauß-Zitat von 1966 "Ich würde lieber Ananas in Alaska züchten als Bundeskanzler sein" genüsslich zitierte, als FJS seine Kandidatur zum Kanzleramt 1980 bekannt gab. Ein unbekannter Schüler seiner Klasse rannte daraufhin zu seinen Eltern, die zum Ministerium rannten, das dann die Schulleitung um Aufklärung über den Unterricht des Lehrers bat...
Die Schüler hatten damals alle "Stoppt Strauß"-Buttons (ok, nicht alle, nur die älteren aus der Kollegstufe und natürlich auch nicht die Streber aus der Jungen Union) und wurden von Lehrern angeherrscht, die in der Schule nicht zu tragen. Dafür wurden die dann umso deutlicher vor der Türe der Bildungsanstalt wieder angesteckt. Im revolutionären München gabs Verweigerer, die deshalb von der Schule verwiesen wurden. Das gab einen kleinen Aufstand und der Direktor musste seinen Stuhl räumen. So kam er zu uns, aufs Land, wo sich Teile der Schüler und Eltern durch Denuntiation des Erdkundelehrers schon bestens für die Aufnahme des Dr. Dr. K. qualifiziert hatten. Die Schulverweise waren übrigens rechtswidrig, wusste nur noch keiner, das musste dann der bayerische Verfassungsgerichtshof am Beispiel einer Regensburger Schülerin den Kultusbeamten erklären. Auch heute sind Buttons gefährlich. Vielleicht nicht in den Schulen, aber im Strassenverkehr muss man schon aufpassen. Die im Internet so beliebte Schablone mit dem Konterfei unseres Innenministers regt zwar im Netz kaum jemanden auf, aber der Münchner Verkehrspolizist neigt bei ihrem Anblick zu ungewöhnlichem Pflichteifer. Ein Student jedenfalls, der sich das Bild ausgedruckt hat und seit April damit sein Auto schmückt, wurde jetzt festgenommen wegen des Anfangsverdachts der Beleidigung. Seine Geschichte wird in "Jetzt" erzählt. Hoffentlich wirft unsere Verkehrspolizei nie einen Blick ins WWW, wo uns dieses Gesicht aus der rechten Ecke jedes zweiten Blogs entgegenblickt. Meistens wird damit übrigens auf die Seite des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung verwiesen, der am 22.9. in Berlin die Demonstration Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn veranstaltet. Ich glaube übrigens dass da nichts weiter passieren wird. Die PR-Berater von Schäuble müssten ziemlich besoffen sein, vor Gericht zu gehen. Da müsste ja geklärt werden, ob der Vergleich Stasi/Innenministerium passt oder zumindest als satirische Überspitzung in Ordnung geht. (Mehr Schablonen gibts bei Dataloo, dem Schöpfer dieses Kunstwerks) Sunday, 16. September 2007Ein exit node weniger
Beim itnomad gibts einen recht interessanten Bericht, wie unsere Polizei bei Betreibern von Tor-exit-nodes vorgeht. Man sollte sich das ganz durchlesen, sofern man Englisch kann, drum hier nur eine kleine Zusammenfassung:
Mal unterstellt, das ist kein Einschüchterungsversuch gegen unbequeme Anonymisierer, verstehe ich irgendwie nicht, wie die Polizei so doof sein kann. Die ersten paar Schritte der Ermittler kann ich ja noch nachvollziehen. Eine IP-Adresse postet eine Drohung in einem Forum. Könnte ja echt sein. Also schnell rauskriegen, wem diese IP-Adresse gehört (der Provider sagt das sicher einfach und unbürokratisch), den entsprechenden Rechner mitnehmen und untersuchen. Würde ich verstehen. Vielleicht auch gleichzeitig den Besitzer zuhause besuchen und aufpassen, dass der nichts davon mitbekommt und abhaut. Vom Tor-Server auf diesem Rechner wissen die Beamten ja noch nichts und selbst wenn wäre es zu billig, mit einem laufenden tor node alle Verbindungen auf diesem Server zu erklären. Aber ausgerechnet den wichtigsten Server und das beste Beweismittel stehenlassen und stattdessen das Wohnzimmer des Besitzers filzen ist ja das dümmste denkbare Vorgehen. Spätestens nachdem klar ist, das der Verdächtige einen Tor-Server betreibt, könnte man dann ja auch aufgeben. Der Typ kennt sich ja offensichtlich aus, es sollte also kein Problem für ihn sein, seine Bombendrohung anonym abzusetzen und er wird dabei ganz bestimmt jede andere IP-Adresse verwenden nur nicht die seines eigenen Servers. Aber vielleicht kenne ich einfach die Organisation unserer Polizei zu wenig. Die Polizeigewerkschaft beklagt ja immer wieder, dass sie eigentlich viel zu wenig Personal und viel zu wenig technische Kompetenz haben und statt prestigeträchtiger Überwachungsspielzeuge und Datenbanken für Geheimdienstler gerne mal einen Computer in jeder Inspektion hingestellt bekämen. Ob Dummheit oder Abschreckung, wir haben auf jeden Fall einen exit-node weniger in Deutschland, weil Alexander jetzt natürlich keine Lust mehr hat, sowas nochmal zu erleben. Verständlich, ich möcht auch nicht wissen, was mein Freund und die Nachbarschaft drüber denken, wenn die Uniformierten hier im Morgengrauen die Kisten raustragen... Konvertiten-Register
Die Wikipedia ist voll auf der Höhe der Zeit. Was Bosbach nicht ganz und Beckstein im Ernst erst jetzt fordern, wird dort schon seit Mai 2006 geführt: Die Liste der Konvertiten.
Hilft natürlich nicht unbedingt bei der Fahndung, viele der dort erfassten potentiellen Täter sind bereits tot. Aber vielleicht würde ein Blick in die Biographie des einen oder der anderen Prominenten dort helfen, zu verstehen, warum Menschen gelegentlich zu einem neuen Gott finden.
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