Saturday, 23. June 2007Geheimschrift
Bei der Süddeutschen steht ein Artikel über den Augsburger Prozess gegen Max Strauß. Da hat jetzt auch Ludwig-Holger Pfahls ausgesagt, der ja recht offen reden kann, weil er seine Strafe für die Steuerhinterziehung schon abgesessen hat und wegen Bestechlichkeit nicht mehr belangt wird. Schliesslich hat er ja keine direkte Gegenleistung für die 2.4 Millionen Euro geliefert, sondern er wurde mehr so als Teil der wohlgesonnenen politischen Landschaft bezahlt.
Wenn so ein alter erfahrener Waffenhändler wie Karlheinz Schreiber krumme Geschäfte mit einem Staatssekretär im Verteidigungsministerium dreht, würde ich ja erwarten, dass dort alles zum Einsatz kommt, was ich so aus Agentenfilmen kenne: Geheime Briefkästen, Botschaften die sich selbst zerstören, Crypto-Telefone und Nummernkonten in der Schweiz mit 12 stelliger Geheimzahl. Schreiber müsste doch routinemässig mit sowas umgehen, wenn er seine Ware an Potentaten in der Dritten Welt vertickt und dabei überleben will. Und sein Kumpel im Ministerium müsste als ehemaliger Staatsanwalt, Richter und Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz doch mit allen Verfahren der Geheimhaltung, Konspiration und Abwehr vertraut sein. Zumindest als Büroleiter von Franz-Josef Strauß hätte er doch wirklich alles über Intrige und Verrat lernen können. Aber nein: Pfahls bestätigte, dass Schreiber bei der Namenswahl seiner Tarnkonten sehr simpel vorgegangen sei. Den Namen des für ihn angelegten Tarnkontos "Holgart" habe er jedoch erst 1997 aus den Ermittlungsakten erfahren. "Dieser Name hat mich fast zur Verzweiflung getrieben, weil er so dämlich gewählt war, dass mir das Konto einfach zuzurechnen war." Die Verdunklung von Herrn Pfahls schein allerdings wieder Stoff für einen richtigen Agententhriller zu liefern. Erst als Daimler-Vertreter in Asien untertauchen, dann jahrelang mit Hilfe alter Kumpanen aus dem Geheimdienstmilieu vesteckt leben... Ganz grosses Theater, schade dass er darüber nicht erzählen darf. Tuesday, 19. June 2007Ein paar Fuss unterm Grundgesetz
Am letzten Mittwoch meinte Herr Wiefelspütz noch
Die Entscheidung, ein Camp von Demonstranten mit dem Aufklärungsflugzeug auszuspähen, sei zwar verfassungsrechtlich unbedenklich, politisch aber "extrem unklug und unsensibel" gewesen Heute, nachdem er erfahren hat, dass die Tornados ihre Mindestflughöhe von 500 Fuss unterschritten haben, findet er "Der Tiefflug über dem Protest-Camp war verfassungswidrig", so Wiefelspütz zu SPIEGEL ONLINE, "denn sie hatten möglicherweise eine Zwangswirkung auf die Demonstranten, die sich durch das Kriegsgerät in niedriger Höhe bedroht gefühlt haben müssen". Durch die Jets am Himmel und die donnernden Triebwerke seien Menschen eingeschüchtert worden. "Aus heutiger Sicht war der Einsatz nicht nur politisch instinktlos, sondern auch rechtswidrig" Schon irgendwie ganz schön raffiniert, diese Verfassungsrechtler, wenn man sich dem aktuellen politischen Wind immer anpassen muss. Dass sich die Demonstranten durch die Kriegsgeräte ganz subjektiv eingeschüchtert fühlten, war ja schon vorher bekannt. Hoffentlich war das den Piloten auch so klar. Ich denke ja, Piloten sehen Mindestflughöhen ungefähr so wie Autofahrer Tempolimits. Man hält sich im grossen und ganzen schon dran, in der Ausbildung sowieso, aber in der Praxis haben sie halt doch eher unverbindlichen Charakter und Verstösse sind eine kleine Ordnungswidrigkeit. Dass allein diese 150m-Grenze für die SPD die Trennlinie zwischen Grundgesetztreue und Verfassungsbruch darstellt, war den Fliegern sicher nicht klar. Andererseits ists natürlich praktisch. Minister, Staatssekretäre und Polizeiführer können ihre Hände in Unschuld waschen. Schliesslich können sie ja nichts dafür, dass ein doofer Luftwaffenhauptmann das akustische Signal überhört, das ihm die Annäherung an den Boden des Grundgesetzes anzeigt. Ich glaube, der Wiefelspütz'schen Rechtsauffassung können sich auch der Innen- und der Verteidigungsminister schweren Herzens anschliessen. Friday, 15. June 2007Alte GschichtenDas Polizeipräsidium führte einen Höflichkeitswettbewerb bei der Münchner Schutzpolizei durch, weshalb jeder Polizist eine Nummer erhielt. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, besonders höfliche Beamte zu melden. "Für jede Höflichkeitshandlung erhält der betreffende Schutzmann einen Pluspunkt. Bei 12 Pluspunkten gibt es einen zusätzlichen Urlaub." Bei negativen Erfahrungen konnte man auch Minuspunkte vergeben. Sowas würde man sich doch heute auch mal wünschen. Das Zitat stammt aus der Münchner Stadtchronik vom 2. Januar 1946, deren Online-Ausgabe ich heute gefunden hab. Ist ganz nett zu lesen, wenns auch arg redaktionell bearbeitet wurde und durch Erklärungen ein bisschen den staubigen Flair verliert. Trotzdem schön, wenn sich die Leute vom Stadtarchiv die Mühe machen, alte Geschichten fürs Web aufzubereiten. Über aktuelles Zeug wird man ja bestens informiert, aber historische Informationen müsste halt jemand abtippen oder neu schreiben. Beim Eintrag vom 31.10.1903 fehlt allerdings ein Kommentar, den kapier ich so nicht. Ist Nordluft ein altes Synonym für Nordlicht? Durch Nordluft verursacht haben im Laufe des heutigen Vormittags erdmagnetische Störungen stattgefunden, die störend auf den Telegraphenbetrieb einwirkten, so daß in demselben bedeutende Verzögerungen eingetreten sind. Die Störungen haben sich hauptsächlich in der Richtung nach Norden erstreckt und wurden aus allen größeren Städten Deutschlands gemeldet Wednesday, 13. June 2007Zu Lande zu Wasser und in der Luft
Ich weiss garnicht, warum unsere Innenminister immer das Grungdesetz ändern wollen, um den Einsatz der Bundeswehr auch im Inneren möglich zu machen. Wenn man die zur WM so hörte, schien da der Einsatz z.B. von ABC-Spürpanzern, unmöglich zu sein, ohne vorher die Verfassung zu ändern. Weswegen man die natürlich schnell ändern muss.
Zum G8-Gipfel scheinen sie diese Sensibilität irgendwie verloren zu haben. Jedenfalls wurde dort ganz fleissig die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe für die Polizei eingesetzt, ohne dass das irgendwie unrechtmässig gewesen wäre (also aus Sicht der Union und SPD, die Grünen sehen das anders).
Das ganze geht anscheinend im Einklang mit dem Grundgesetz. Die SPD mault lediglich bei den Tornadoflügen, sie seien rechtens, aber politisch ungeschickt, weil sie so sehr an die Aufklärungsflüge in Afghanistan erinnern. Die bisherigen Einsätze der Bundeswehr für Rettungsdienst, Suchaktionen aus der Luft und Begleitung von Castor-Transporten waren ja auch legal. Was wollen sie also mehr? Klar, die Pioniere können auch Minenfelder legen, die Marine Schiffe versenken und die Luftwaffe Bomben werfen, aber das ist ja bestimmt nicht ihr Ziel. Monday, 11. June 2007Autobiographie
Im Spiegel Online bringen sie eine Studie von Ferdinand Dudenhöffer zum Einfluss der Demographie auf den Automarkt. Wenn das stimmt, steht mir keine schlechte Zukunft bevor:
Vor dem "40-45 Jahre-Höcker" bei Ford Opel und VW muss ich mich halt irgendwie rumdrücken, sonst hänge ich jahrelang dort fest. Und meinen RR muss ich auch gut pflegen, weil bei 65 droht wieder der Kleinwagen. Alles in allem also recht angenehme Aussichten. Auch wenn die Studie der Autoindustrie nicht gefallen wird, weil immer ältere Käufer (hier gehts nur um Neuwagen) die Autos immer schonender und länger fahren (Das Durchschnittsauto ist 8.1 Jahre alt statt 6.5 in der Neunzigern). Die Studie spricht drohend vom "Kuba-Effekt" wegen der vielen alten Kisten, aber auch das kann unserem Strassenbild eigentlich nur guttun.
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