Die Aufregung über die staatliche Subvention für unsere Kirchen find ich irgendwie merkwürdig. Mich störts natürlich auch, dass ausgerechnet ich als Nichtmitglied diese Leute bezahlen soll. Aber mich stört weniger, dass ich die bezahle, als dass die immer noch so viel mitreden dürfen. Ich kann mir keine andere Gruppierung vorstellen, die so viel Dreck am stecken hat und trotzdem Ethikkomissionen bevölkern darf, um ihre nicht selbst praktizierten Moralvorstellungen für die Allgemeinheit umzusetzen.
Vor allem wundert mich, dass ernsthafte konservative kapitalistische Politiker auf die Idee kommen, man müsste sich an einen Vertrag nicht halten, blos weil er über 200 Jahre alt ist. Bei den Linken würde ichs ja verstehen, die mögen keinen zusammengeerbten Grossbesitz und würden die Umverteilung aller Besitzungen, die sich auf uralte Titel stützen, sicher begrüssen.
Aber wie die FDP auf diese Schiene kommt, einen alten Beschluss aus den 70ern auszugraben, der eigentlich seit Jahrhunderten nicht umgesetzt wurde...
Das Problem könnte nämlich schon lange vom Tisch sein, wenn unser Staat seine Verträge ernst nehmen würde. 1803 wurden die die kirchlichen Territorien den deutschen Staaten einverleibt und die Klöster und deren Besitzungen eingezogen. Im Reichsdeputationshauptschluss steht dazu:
§35 Alle Güter [...] werden der freien und vollen Disposition der respectiven Landesherrn,
sowohl zum Behuf des Aufwandes für Gottesdienst, Unterrichts- und
andere gemeinnützige Anstalten, als zur Erleichterung ihrer Finanzen
überlassen,
das mit der Erleichterung ihrer Finanzen hörten die weltlichen Fürsten gern und die kleine Kröte konnte man schon schlucken:
unter dem bestimmten Vorbehalte der festen und bleibenden
Ausstattung der Domkirchen, welche werden beibehalten werden, und der
Pensionen für die aufgehobene Geistlichkeit, nach den unter theils
wirklich bemerkten, theils noch unverzüglich zu treffenden näheren
Bestimmungen.
Mit den unverzüglich zu treffenden näheren Bestimmungen hat man in Bayern dann noch ein bisschen gewartet. Aber bereits 1817 wurde ausgemacht, eine einmalige Abschlagzahlung in Fonds zu zahlen, aus denen die Bischöfe dann ihre Pensionen beziehen:
Artikel IV. Die Einkünfte zum Unterhalte der Erzbischöfe
und Bischöfe werden auf Güter und ständige Fonds gegründet
werden, welche der freyen Verwaltung der Erzbischöfe und Bischöfe
übergeben werden.
Den praktisch gleichen Text aus dem Vertrag des Königs schrieben die demokratischen Nachfolger 1925 in das neue Konkordat:
Art 10 a) Der Staat wird die erzbischöflichen und bischöflichen Stühle, die
Metropolitan- und Domkapitel mit einer Dotation in Gütern und ständigen Fonds
ausstatten, deren jährliche Reineinkünfte sich bemessen auf der Grundlage jener,
die im erwähnten Konkordate festgesetzt sind, wobei dem Geldwerte vom Jahre 1817
Rechnung zu tragen ist.
Dieses Konkordat von 1925 ist übrigens bis heute gültig. Ein paar Änderungen daran gabs, aber nicht in diesem Punkt. Der Freistaat könnte jederzeit einfach seinen Teil des Vertrags erfüllen und so einen Fond gründen. Das wären einmalig ein paar Milliarden, schliesslich müssten die Kleriker sich aus den Zinsen ernähren, aber schlimmer als ein Landesbankschaden wäre das auch nicht.
Alternativ könnten wir natürlich den Reichsdeputationshauptschluss rückabwickeln. Dann könnte sich der Erzbischof von den Steuern der Allianz und von Pro7 ernähren, die Franziskaner bekämen die Pachteinnahmen des Nationaltheaters, die Augustiner würden das Jagdmuseum vermieten und die Paulaner bekämen ihre Brauerei zurück. Wohnen könnten die Paulaner in ihrem alten Kloster am Mariahilfplatz, nachdem sie das Münchner Landratsamt rausgeworfen haben. Mit Olympia 2018 wirds aber dann nichts: Berchtesgaden und Garmisch wären Ausland.