Es begann alles so harmlos, erst besiedelten sie den Topf mit dem Ginster, bis der Wind mal ein Schnittlauchstengelchen zu nahe an den Topf brachte und sie ihren Staat auch auf den kleinen Topf mit Schnittlauch und Salbei ausdehnen konnten. So lebten sie einige Zeit, der Staat wuchs und wuchs. Weil mir die armen Tiere leid taten, steckte ich auch kleine Stöckchen in die Töpfe, damit sie nicht auf die Schnittläuche als Transportwege angewiesen waren, die wir ja auch ernten wollten.
Auch als sie den Lavendeltopf zufällig mal erobern konnten, half ich gern als Brückenbauer aus und förderte so die Expansion des Imperiums. Inzwischen beherrschen sie mindestens drei Blumentöpfe. Unzählige unterirdische Kanäle und Gänge führen zu geheimen Ausgängen, zu Nachbarstaaten und Vasallen überall unter den Betonplatten der Terrasse. Wir wissen nicht, wie ihr Staat heisst und wie er organisiert ist. Auch nicht, welche Vorstellung die Tiere von der Topographie ihres Herrschaftsgebietes aus drei Töpfen mit Holzbrücken dazwischen haben. Wir wissen vor allem nicht, was sie vorhaben, aber es wird uns unheimlich.
Denn seit ein paar Tagen fangen sie an, gigantische Portale zu den Höhlen ihrer Machtbasis im Lavendeltopf zu errichten. Von oben betrachtet haben diese Eingänge in die Unterwelt die Form einer Schildkröte oder eines Echsenkopfes, breit genug um die Krieger in Zehnerreihen aufmarschieren zu lassen. Noch tragen sie nur fleissig Nahrungsmittel, Puppen und harmlose Eier hin und her und bringen kleine grüne Blattläuse auf die Kräuterwiese am Salbeibusch. Die Menge der Eier lässt nur erahnen, welch gewaltige Eierlegefabrik in der Dunkelheit dort unter dem Lavendel ihr Werk verrichtet.
Ich denke wenn sie zuschlagen, wird es Abend sein, vor einem Gewitter, dann wirken sie immer besonders angriffslustig. Und unsere einzige Chance wird sein, dass sie uns als Götter betrachten, als Pontifex Maximus und als das Wesen mit dem Gartenschlauch, das über Regen, Ebbe und Flut gebietet. Wir müssen sie zum Verbündeten haben, denn als Gegner sind sie gnadenlos.