Bei
Heise lese ich, dass der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei gegen das Übermitteln von Daten an die Amerikaner wettert. Er
findet nämlich, dass Teile dieser Daten die hiesige Polizei legalerweise garnicht haben dürfte:
Nicht nachvollziehbar seien, so der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg, vor allem die Regelungen zur Übermittlung von Daten, aus denen "Rasse oder ethnische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften" hervorgehe oder "die Gesundheit und das Sexualleben" beträfen.
Konrad Freiberg: "Wozu gerade diese Daten bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität wie Terrorismus benötigt werden, ist mir schleierhaft. Ebenso unklar ist, warum und auf welcher Rechtsgrundlage deutsche Sicherheitsbehörden solche datenschutzrechtlich hoch sensiblen Daten überhaupt erhoben und gespeichert haben sollen."
Lustigerweise teilt er dabei die Meinung des Bayerischen Datenschutzbeauftragten, der in wirklich jedem seiner Tätigkeitsberichte meckert, dass die Polizei solche Dinge eben schon speichert. Unsere Polizei hat nämlich eine unüberschaubare Anzahl von Dateien mit tollen Namen angelegt, die unter dem Oberbegriff GAST ("Gefahrenabwehr und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten") alle möglichen Dinge speichern, die noch nicht für den Eintrag ins Führungszeugnis langen.
Ich verstehe das ja auch ein bisschern, die modernen Polizisten brauchen einen Ersatz für den guten alten Schutzmann zu Fuss, der im Gedächtnis hatte, wer in seinem Revier mit welchen finsteren Gestalten rumhängt und wo demnächst ein Eifersuchtsdelikt zu erwarten ist. Solche Informationen über Szenezugehörigkeit, weltanschauliche Überzeugung und sexuelle Vorlieben will man halt jetzt auch noch haben, am besten nicht nur im Stadtviertel, sondern ganz global. Nur sollen die Oberpolizisten bitte nicht so tun, als hätten sie garnichts über uns gespeichert ausser Name und Geburtsdatum.
Ein paar Beispiele aus den Tätigkeitsberichten der letzten Jahre, der Einfachheit halber nur aus Bayern:
- Drei Leute halten bei der Sicherheitskonferenz Transparente mit "Rumsfeld Massenmörder" hoch, einer davon 14 Jahre alt. Das Strafverfahren gegen sie wird eingestellt, weil weder die Staatsanwaltschaft noch Herr Rumsfeld einen Prozess wünschen. Dennoch landen alle drei unter der Rubrik "Antiamerikanismus" in ISIS ("Staatsschutzdatei"). (TB 2006)
- "Bei meiner Prüfung der Speicherungen [in der Datei "Gruppentypische Aggressionsdelikte / kriminogene Gruppierungen / Skinheads] bei einem Polizeipräsidium habe ich festgestellt, dass fünf Personen gespeichert waren, die von der Polizei der sog. Punkerszene zugeordnet wurden. Nach den Erkenntnissen aus der Datei selbst und der mir zu den Personen vorgelegten Unterlagen waren die von der Errichtungsanordnung vorgegebenen Speicherungskriterien nicht erfüllt. Beispielsweise war eine junge Frau gespeichert, zu der als einzige Erkenntnis ihre Eigenschaft als Geschädigte eines Diebstahls vorlag. Auch bei den anderen "Punkern" gab es nach meiner Feststellung keine polizeilichen Erkennisse dafür, dass gegen diese wegen jugend- oder gruppentypischer Aggressionsdelikte ermittelt wurde oder dass sie gewalttätigen Gruppierungen oder deren engerem Umfeld zuzuordnen sind." (TB 2000)
- Zur Datei "Sittlichkeitsdelikte" (SITTE): "Bei meiner datenschutzrechtlichen Prüfung der Polizeidirektion habe ich insbesondere diese Speicherungen auf ihre Zulässigkeit hin überprüft. Dabei stellte ich aber auch eine Speicherung zu einer männlichen Person fest, die allein deshalb in der Datei erfaßt worden war, weil sie bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle mit Frauenkleidern in ihrem Pkw angetroffen wurde. Nachdem weder Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten zu der Person vorlagen, noch ein Gefährdungspotential aus dieser Neigung erkennbar war, war ihre Speicherung alleine aufgrund ihrer offenkundigen straflosen sexuellen Neigung unzulässig." (TB 1998)
- Im Tätigkeitsbericht 2002 bemängelt der Datenschutzbeauftragte, dass die Datei "Rasterfahndung BAO-USA", die im September 2001 angelegt wurde um Terroristen zu fangen auch nach der Fahndung immer noch in den Behörden rumgammelt. Das Landeskriminalamt hat die Datei zwar gesperrt, aber nicht gelöscht, weil vielleicht weitere Rasterfahndungen angeordnet werden könnten. Die Datei enthält 94000 Datensätze, wovon ca 1900 manuell überprüft wurden. Die 94000 sind "muslimische Männer zwischen 18 und 40 mit technischem Studium, die sich legal hier aufhalten, keine Sozialhilfe beziehen und aus bestimmten Ländern stammen". Die Daten wurden bei Sozialämtern, Meldebehörden, Ausländerbehörden und Unis angefordert und zusammengeführt.
Das mögen alles Einzelfälle sein, aber zumindest in diesen ist es möglich, einen Datensatz "Muslimischer, antiamerikanischer Punk, der gerne Frauenkleider trägt" an die transatlantischen Freunde zu liefern. Sie haben jedenfalls die Daten und an der Legalität der Erhebung und Speicherung sollte ein deutscher Kriminalhauptkomissar keinen Zweifel haben.
Vielleicht geben unsere Polizisten den Gewerkschaftlern ja keinen Zugriff auf all die schönen Datensätze, was ich aber andererseits nicht glaube, weil der DSB fast mantraartig wiederholt, dass ihn vor allem der breit gestreute Zugriff auf die Daten stört. Es würde aber auch reichen, einfach nur die amtlichen Veröffentlichungen über unsere Polizei zu lesen.