Wer gerne in alten Zeitungen schmökert, findet bei der Bayerischen Landesbibliothek eine schöne Sammlung von 1848 bis 1850. Ich fands faszinierend, dort das Neue Münchner Tagblatt zu lesen, eine ziemlich konservative, monarchistische und antinationale Zeitung. Das liest sich nicht nur wie Berichte aus einer anderen Zeit, sondern wie aus einem völlig anderen Kulturkreis. Zum Beispiel das Argument gegen die Abschaffung der Todesstrafe:
Das Gesetz über die Abschaffung der Todesstrafe ist ein offener Freibrief für Hochverräther, Königs-, Vater- und Raubmörder. Die Annahme des Gesetzes ist (sagen die Demokraten wenn sie wahr reden sollen) eine Vorsichtsmaßregel, eine Art von Anarchisten-Lebensversicherung für den Fall, wenn der beabsichtigte Hochverrath mißglücken sollte.
Lustig machte man sich über die Forderung der Demokraten (das ist übrigens ein Schimpfwort) sich gerne ohne militärischen Schutz in Bamberg versammeln zu können:
Was doch die Demokraten für listige Pläne schmieden! Da sie etwas bajonettscheu sind und nicht gerne unter dem Schutze der Bajonette liegen, so wünschen sie die Entfernung des zehnten Regiments, um ihren landes- und volksverräterischen Bestrebungen desto eher nachhängen zu können, und setzen zu diesem Zweck eine gewaltige Sturmpetition auf. Allein die Gefahren und unglückseligen Folgen einsehend, die die Entfernung dieser wackeren Vertheidiger des Landes gegen innere (!) und äußere Feinde nach sich ziehen würde, wurde man höheren Ortes bestimmt, diesem Verlangen nicht nachzugeben, sondern sah vielmehr noch zur Erhaltung der gesetzlichen Ruhe und Ordnung die Nothwendigkeit der Vermehrung der dortigen Mannschaft ein.
Mir war auch vorher garnicht klar, wie sehr der Badische Aufstand, der dort praktisch Tagesthema war, ein richtiger Krieg war. Ich kannte nur den Begriff "revolutionäre Unruhen", aber das was da in der Zeitung steht ist echte Kriegsberichterstattung mit Truppenbewegungen, waffentechnischen Berichten und Gefallenenzählung. Ab Mitte August natürlich nur noch Berichte über Hinrichtungen der Aufständischen.
Aber natürlich gabs auch die ganz normalen Berichte wie in heutigen Zeitungen. Der Verkehr war auch damals schon ganz schlimm, inzwischen ist die Stelle vorm Donisl allerdings eine Fussgängerzone.
So eben war ich Zeuge eines häufig durch polizeiliche Nachläßigkeit sich ereignenden Unglücks. Gegen Ende der Weinstraße in der Nähe der Hauptwache wurde so eben ein Mann niedergefahren. Das schnelle Fahren, welches hier so allgemein ist, dürfte doch besonders Nachts in den engen und Kreuzstraßen sehr gefährlich sein. Es wäre daher zu wünschen, dass von Seite der löbl. Polizeibehörde diesem das Leben so gefährdenden Unwesen kräftig gesteuert würde, wobei namentlich auch das Aus- und Einfahren aus und in die einzelnen Privathäuser einer polizeilichen Obhut unterstellt werden möchte.
Und Bierzelte waren auch damals schon regelmässig Orte der Gewalt:
Auf dem Keferloher Markte hat wie alle Jahre auch gestern eine arge Schlägerei stattgefunden, bei welcher mehrere Verwundungen vorkamen; es wurden aus der Stadt eine halbe Eskadron Kuirassiere dahin beordert, welche jedoch auf dem Wege Retourordre erhielt.