Ich hab mal über Nacht die australische Zensurliste nach Ländern aufgelöst. Die wurde ja neulich bei Wikileaks veröffentlicht, ich kann aber nicht darauf verlinken, wenn ich dieses schöne Land nicht aus meiner Urlaubsplanung ausschliessen will. 2/3 der dort aufgeführten URLs zeigen allerdings derzeit ins leere, lediglich ein Drittel liess sich noch nachverfolgen.
Das Ergebnis ist schon fast langweilig. Ebenso wie Dänemark, Finnland und andere Vorbilder für unser geschütztes Internet in Deutschland filtern die Australier halt auch hauptsächlich Seiten in befreundeten Staaten der westlichen Welt mit stabiler Rechtsordnung und ähnlicher Situation, was unerlaubte Veröffentlichungen betrifft. Ist auch wieder irgendwie klar, rechtsfreie Räume in exotischen Staaten, von denen unsere Zensurfreunde so gerne schwadronieren sind in der Regel auch Gegenden ohne stabile Stromversorgung und ohne vernünftige Bandbreite. Keine guten Voraussetzungen fürs Serverhosten.
Die Australier vermuten das Böse dort:
59% der gefilterten Adressen liegen in den USA
7% in den Niederlande
6% in Deutschland (davon die Hälfte bei Sedo geparkt)
2% in der Türkei
2% in Russland
2% in Australien (komisch, irgendwie...)
2% in Japan
2% in der EU (ohne Angabe zum Land)
1% in Korea
1% in Spanien
1% in Kanada
Der Rest verteilt sich auf weitere 19 Länder (->vollständige Liste)
(Auflösung der IP-Adressen zu Ländern mit der -Datenbank von Maxmind)
Die australischen Behörden stellen übrigens keine Listen gefilterter Domains oder IP-Adressen auf, sondern nennen Hostnamen oder Domains oder komplette URLs (eine URL hatte allerdings Backslashe im Pfad, was nicht für gewissenhafte Prüfung spricht). Deshalb landet auch beispielsweise Google mit ein paar Hosts in der Liste. Das sind dann z.B. URLs auf den Usenet-Zugang groups.google.com. 2 der 23 deutschen Server sind ebenfalls Usenet-Archive. Das ganze Usenet mit seinen 1000 Zugangsarten bleibt allerdings ungefiltert, weil auch australische Entscheider die Begriffe "Internet" und "www" für Synonyme halten.
Volker Beck wartet übrigens anscheinend immer noch auf eine Antwort, wo denn unser Familienministerium die schlimmen Server vermutet. 8 Wochen reichen dort anscheinend nicht aus, ein paar "rechtsfreie Räume" zu finden, ohne Nachbarn und Verbündeten auf die Füsse zu steigen. Ausserdem müsste man begründen, warum man trotz bekannter Mängel nach Internetzensur ruft, wo doch auch eine schnelle Mail an Provider oder Polizei das Problem (oder zumindest jeweils eine Seite) aus der Welt schaffen könnte. Vermutlich dauert das einfach so lange, weil Alternativen erst gar nicht in Betracht gezogen werden, sobald die Chefin des Hauses die Marschrichtung festgelegt hat.
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