Tuesday, 22. January 2008Noch mehr alte Akten
Noch eine Fundstelle skurriler und interessanter Scans alter Schriften: Das Münchner Digitalisierungszentrum hat allerhand Papier der Staatsbibliothek eingescannt. Eher beiläufiges, wie die Jahrgänge 1891 bis 1918 des bayerischen Brauerjournals aber auch interessantes wie die Landtagsprotokolle von 1429-1669, 1919-1933 und von 1946.
Eigentlich war ich da, um nachzulesen, wie dieses bayerische Konkordat zustandegekommen ist, nach dem auch der neue Bischof von München und Freising sein Gehalt von mir bezahlt bekommt. Die Landtagsaussprache (13-15.1.25) dazu ist aber nicht sonderlich interessant. Erstaunlich fand ich nur, wie viel Zeit die damals für die Plenarsitzung hatten. Während heute eine Europäische Verfassung gerade mal einen Vormittag lang besprochen wird, hat man damals drei Tage geredet. Wilhelm Högner von der SPD musste sogar eine Nacht pausieren, weil seine Rede so lang war dass die Abgeordneten erstmal ins Bett wollten um am nächsten Morgen die Fortsetzung zu hören. Bisschen erschrocken bin ich über die ersten Nazis im Landtag. Seit 1924 sass Julius Streicher im Parlament, zunächst als Fraktionsloser, zu mehr hats bei der NSDAP damals nicht gereicht. So offen antisemitische Reden hätte ich in einem Parlament der Weimarer Zeit eigentlich erwartet. So offene Verharmlosung des Nationalsozialismus allerdings nicht. Zumindest die Linke hat Streicher anscheinend für einen Spinner gehalten, eigentlich komisch, knapp ein Jahr nach dem Marsch auf die Feldherrnhalle. Zum Beispiel am 20.11.1924 (Seite 708, ich vermute es geht um das Bild zum Wiesbadener Abkommen) Streicher (bei keiner Fraktion): Es war seinerzeit in Wiesbaden; die Blätter brauchten Bilder von dem Vertreter Frankreichs; ich weiß augenblicklich nicht, wie er hieß Dass Streicher so hetzt (da gibts deutlichere Beispiele als das da oben) wundert mich nicht, aber dass die Linke dem Spinner noch unter Belustigung die Stichworte liefert,fand ich schon bemerkernswert. Thursday, 17. January 2008"Jeder Brocken vorgezählt und überall im Weg"
Im September schrieb ich noch über den Austrag des bayerischen Ex-Ministerpräsidenten. Damals hab ich vermutet, sie würden ihm in Brüssel, weit weg von Landtag und CSU-Präsidium ein Häuschen hinstellen und ihn dort mit alten Akten füttern.
Stattdessen bekommt er ein kleines 13-Zimmer-Büro mit 5 Angestellten und ein paar Bodyguards in der Wagmüllerstrasse 18. Gleich neben dem Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz, auch einem hochangesehenen Würdenträger, den man lieber ein wenig abseits ansiedelt. Natürlich gibts auch schon wieder Streit über die Kosten dieses "Austragshäusl" des gestürzten Landeschefs. Keiner aus der Opposition gönnt ihm die jährlich 450 tausend Euro, die er für seine Arbeit als Aktenvernichter eben braucht. Ganz wie es sich für pensionierte Altbauern gehört. Streit mit den Erben gehört eben auch zum Austrag. Und weil so viele Google-Treffer mit "Austragshäusl" hier aufschlagen sei das kurz erklärt: "Austrag" beschreibt den Ruhestand eines Bauern. Laut Wikipedia ist das ein bayerischer Begriff, ich kann das nicht beurteilen, das Synonym "Ausgedinge" kenn ich nur vage und "Altenteil" hätte ich nicht nur dem landwirtschaftlichen Umfeld zugeordnet. Der Begriff ist eher negativ besetzt: Das Vermögen eines Bauern steckt im Hof, Schätze zur späteren Altersversorgung kann er in der Regel nicht anhäufen. Wenn also der Bauer in Ruhestand geht und in ein kleineres Häusl neben dem Anwesen zieht, verliert er die Kontrolle über sein gesamtes Vermögen und ist auf Rentenzahlung seines Sohnes angewiesen. Damit dabei nichts schief geht, wird vor der Übergabe verhandelt und geklärt, wie viel Geld und Naturalien dem Altbauern in Zukunft zustehen. Trotz genauer Abmachungen bleibt er aber vom wirtschaftlichen Geschick und der Güte seines Sohnes und der Schwiegertochter abhängig. Der könnte ihm zum Beispiel ausgesucht schlechte Nahrungsmittel als tägliches Deputat vor die Türe stellen. Schöner als ich das beschreiben kann, macht das Ludwig Thoma, der neben lustigen Lausbubengeschichten auch eher traurigere Stücke verfasst hat. In "Der Wittiber" beschreibt er 1911 die Sorgen eines Bauern vor dem Austrag: Vierundfünfzig Jahre. Nachtrag 2.2.: Stoiber ist anscheinend auch unangenehm, wie viel Appanage ihm seine Nachfolger zur Verfügung stellen. Er verspricht, nicht den ganzen Betrag auszuschöpfen und hält z.B. 40000 für Bürowartungskosten auch für unangemessen....
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